Sonntag, 8. Oktober 2006

Eine Schule für Alle – eine Initiative für das Bundesland Hamburg

Am Sonnabend, dem 7. Oktober 2006, fand in der Hamburger Klosterschule die Tagung "Hamburg braucht eine Schule für alle – Welche Schritte gehen wir jetzt?" statt. Als Veranstalter hatten nicht Organisationen sondern Personen geladen – der Hamburger GEW-Vorsitzende Klaus Bullan, die Vorsitzende des ELTERNVEREIN HAMBURG e.V. Karen Medrow-Struß, die Fraktionsvorsitzende der GAL Christa Goetsch, die SPD-Abgeordnete Sabine Boeddinghaus, die Vorsitzenden der Lehrerkammer, der Elternkammer und der SchülerInnenkammer Hamburg, der Vorsitzende des DGB Hamburg, Erhard Pumm; Wolfgang Rose, Landesbezirksleiter der Gewerkschaft ver.di, Norman Paech, Bundestagsabgeordneter der Linkspartei, der Bezirksamtsleiter Hamburg Nord, Mathias Frommann, sowie Erziehungs- und Politikwissenschaftler der Universität Hamburg und weitere mehr.

I. Neue Stufe der Entwicklung

Der Titel der Tagung sowie die Veranstalterliste zeigten schon vorab: Hier sollte es nicht zum x.ten Male eine Debatte um die Frage 'gegliedertes Schulwesen – ja oder nein' geben. Auch würde man nicht zum x.ten Male bloß eine Nachweisveranstaltung für die Notwendigkeit der Überwindung des gegliederten Schulsystems geboten bekommen – hieße die neue Schule nun Einheitsschule, Gesamtschule oder eben "Eine Schule für Alle". Was mich hier am Samstag früh aus dem Bett und aufs Fahrrad trieb, war das Neuartige dieser Veranstaltung: Ein Bündnis verschiedener Kräfte auf Landesebene hatte sich gebildet – vorerst noch auf der Personen-, nicht auf der Organisationen-Ebene –, und nun konnte zum ersten Mal auf einem kooperativen Level gefragt und abgetastet werden, wie eine geeignete Strategie zur Durchsetzung des Ziels "Eine Schule für Alle" aussehen könnte.
Ein Bündnis über Parteien- und Institutionengrenzen hinweg braucht eine gemeinsame Plattform, ein Manifest. In der Hamburger-Erklaerung (pdf, 204 KB) des Hamburger Bündnisses für "Eine Schule für Alle" heißt es:

Länger gemeinsam lernen – Hamburg braucht eine Schule für alle Kinder!

(...) Unser Schulsystem aus dem vorletzten Jahrhundert basiert auf früher Auslese statt auf Chancengleichheit durch individuelle Förderung. Es gibt nicht drei oder vier Typen von Kindern – jedes Kind ist einzigartig in seinen Stärken und Schwächen, seinen Begabungen und Interessen. Manche sind schneller und starten früher durch, andere brauchen mehr Zeit und Hilfe. Wenn unterschiedliche Kinder zusammen kommen, lernen sie voneinander und gemeinsam mehr. Es geht um die Anerkennung von Unterschieden. In den erfolgreichen Ländern gibt es deshalb eine Schule, in der jedes Kind individuell gefördert wird, ohne Sortieren, Sitzen bleiben und Abschulen. Dafür werden die Lehrkräfte auch ausgebildet, motiviert und in ihrem Arbeitsumfeld gut ausgestattet.
Auch in Deutschland wächst die Unterstützung für eine grundlegende Reform des Schulwesens: bei Eltern und Lehrkräften, in Betrieben und Verbänden, in Wissenschaft und Politik.
Die Erfahrungen, die Hamburg in hohem Maß mit integrativen Schulen hat – vor allem mit Grundschulen und Gesamtschulen – bieten eine gute Grundlage für unsere Vorstellungen einer Schule für alle Kinder. Die Trennung der Schüler/innen nach Klasse vier, die Aufteilung in höhere und geringerwertige Bildungsgänge, die soziale Selektion in Schulformen ist nur aufzuheben, wenn alle Kinder und Jugendlichen in eine integrative Schule gehen."


II. Orientierung
Vier Vorträge sorgten auf der Tagung für eine Orientierung, die alle Beteiligten mit wesentlichen Argumenten für die Bedeutung der Zielsetzung ausstattete, sowie über die Strategie des GEW-Bundesvorstands und über den Stand in der Enquète-Kommission Schulentwicklung der Hamburgischen Bürgerschaft zum "Zwei-Säulen-Modell" der Hamburger Schulbehörde informierte.

Matthias von Saldern, Prof. für Erziehungswissenschaft an der Universität Lüneburg, leitete die Notwendigkeit des Strukturwandels zu einer Schule für Alle von dem überwältigenden analytischen Befund des Versagens des bestehenden Bildungssystems vor den gesellschaftlichen Herausforderungen ab. Sein überzeugender Vortrag "Eine Schule für Alle – warum eigentlich?" war mit einer großen Zahl beeindruckender Fakten und Argumente – und vor allem höchst interessanter Zitate aus dem Bereich der Ökonomie angereichert. Hier sollen stellvertretend nur drei davon stehen:
Jürgen Hogeforster, Chef der Hamburger Handwerkskammer begründet die Notwendigkeit einer 9-jährigen gemeinsamen Schulzeit:
"Unser System verspricht Förderung durch Selektion. Ich glaube, Selektion bewirkt genau das Gegenteil. Wenn wir Schüler zusammen lassen, wenn sie mehr von einander lernen und wir uns um Schwierigkeiten kümmern, ermöglichen wir mehr Selbstständigkeit und Zusammenarbeit. Darauf kommt es im Beruf an."
Rita Süssmuth erkannte 2005:
"Wir haben in Deutschland ein ständisches Schulwesen. Die Hauptschule entspricht der früheren Volksschule fürs gemeine Volk. Die Realschule nimmt die Mittelschicht auf, das Gymnasium wendet sich an eine Bildungsoberklasse. So sieht, wenig überzeichnet, die heutige Schulstruktur aus. Und die reicht nicht mehr für eine Wissensgesellschaft mit einer dramatisch sich beschleunigenden Alterung. Wir müssen jeden einzelnen Schüler voranbringen, weil wir jeden später als Bürger und als Finanzier des Sozialsystems brauchen. Wir können uns die dreigliedrige Schule schlicht nicht mehr leisten. Die Ersten, die das erkannt haben, sind die Unternehmen."
Und das Ifo – Institut for Economic Research at the University of Munich – befand:
"In Bezug auf die frühe Mehrgliedrigkeit zeigt sich, dass der familiäre Einfluss umso größer ist, je eher die Selektion in unterschiedliche Schultypen erfolgt. Das mehrgliedrige Schulsystem wird oftmals mit angeblichen positiven Niveaueffekten, insbesondere für leistungsstarke Schüler, verteidigt. Die vorgelegten Befunde legen aber nahe, dass eine frühe Selektion der Schüler in verschiedene Schultypen nicht nur die Chancenungleichheit erhöht, sondern auch das gesamte Leistungsniveau sogar eher senkt als erhöht. Damit ergibt sich in diesem Bereich eher kein Zielkonflikt zwischen Gleichheit und Effizienz in der Organisation des Schulsystems."
Alle Zitate, sowie die Langfassung des Vortrags und seine Kurzfassung in Power Point auf von Salderns Homepage.
Sein Fazit: Die IGLU-Untersuchung hat erwiesen, daß ca. die Hälfte der Empfehlungen der Grundschule für den Übergang auf eine Schulform der Sekundarstufe sich im Nachhinein als falsch herausstellen. Damit ist die Schichtabhängigkeit der Grundschulempfehlung bewiesen: Wer mit hohem/niedrigem Niveau in die Grundschule aufgenommen wird, kommt mit hohem/niedrigem Niveau aus der Grundschule heraus.
Wie ist aber die jetzt geplante Umformung in ein zweigliedriges Modell in Hamburg zu beurteilen? Von Saldern: Der Plan der Hamburger Schulbehörde (BBS) zur Einführung eines zweigliedrigen Schulsystems – hie Gymnasium, da Stadtteilschule – ist nicht die adäquate Antwort auf die Notwendigkeit der Umgestaltung zu einer zukunftsfähigen Schule. "Unser Schulsystem produziert Parallelgesellschaften" – so von Salderns Diagnose. Die Ablösung der Dreigliedrigkeit durch eine Zweigliedrigkeit würde daran überhaupt nichts ändern und überdies das System noch verteuern.

Ulrich Vieluf, Leiter der Abteilung Qualitätsentwicklung und Standardsicherung am Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung Hamburg, fesselte mit seiner packenden grafischen Präsentation und der klaren und einleuchtenden Interpretation der Daten der KESS-Studie (pdf, 246 KB), in der die Korrelationen zwischen sozialer Stadtteilentwicklung und Schulentwicklung beleuchtet wurden. "Schulentwicklung ohne soziale Entwicklung vor Ort ist kaum möglich", so Vieluf. Der Gymnasialbesuch ist gekoppelt an die soziale Zugehörigkeit. Zunehmend findet eine soziale Segregation auf verschiedene Stadtteile statt – in Metropolen wie München ebenso wie in Hamburg. Das kulturelle Umfeld in den Außenbezirken verelendet zusehends, bietet keine Kulturressourcen und verdoppelt damit die Auswirkung des Fehlens grundlegender Bildungsmedien (Bücher, Computer, Musikinstrumente) in den sozial benachteiligten Familien. Dabei ist festzustellen, daß das Niveau der Gymnasien in den armen Stadtteilen dem Niveau der Hauptschulen in den reichen Stadtteilen entspricht. "Es ist also festzustellen" – so betont Vieluf -, "daß eine Entkopplung der Schulform von der Leistung stattgefunden hat." Eindrucksvoll ist auch die Korrelation von Kompetenzen mit dem Indikator: "Kinder, deren Eltern die Freunde kennen/nicht kennen". Kinder, deren Eltern die Freunde ihrer Kinder nicht kennen, - d.h., die nachmittags auf der Straße leben und nicht betreut sind, also in prekären sozialen Verhältnissen leben -, weisen in allen Kompetenzbereichen (Lesen, Mathematik, ...) mindestens eine Standardabweichung auf. Eine Standardabweichung entspricht zwei Schuljahren. Das führt zur Abwanderung aus den Stadtteilen und zu einem fortschreitenden Prozess sozialer Segregation. Inzwischen gibt es "gymnasialfreie" Regionen einerseits und "hauptschulfreie" Regionen andererseits. Das Bildungsangebot ist es also und nicht die Schulwahl ("Elternwille"), was für den Bildungserfolg entscheidend ist.

III. Politische Strategie
Der Vortrag von Marianne Demmer zeigte eine erfreuliche Entwicklung der Debatte in der Bildungsgewerkschaft: Der jahrzentelange ideologische Streit um Gesamtschule oder Gymnasium als "die richtige" Schulform scheint überwunden zu sein. "Viele Wege führen nach Rom", so Demmer. In der zersplitterten foederalen Bildungslandschaft der Republik, in der die einzelnen Länder die Debatte zur Strukturreform völlig unterschiedlich führen, werden die Wege zu einer Überwindung des gegliederten Schulwesens verschieden sein müssen. Für Berlin erwartet Demmer eine Strategie in Richtung Gemeinschaftsschule. In Hamburg wird von der Regierung der Weg über eine Zweigliedrigkeit gedacht und muß diskutiert werden. Anknüpfungspunkt in Hessen, NRW und Niedersachsen scheint die Stärkung der Hauptschule zu sein. Ein Fortschritt sei immerhin, daß das alte Tabu "Schulstrukturreform" generell gefallen ist und eine offensive Verteidigung des dreigliedrigen Systems nirgendwo mehr stattfindet.
Wichtig sei bei allen unterschiedlichen Strategien jedoch als Rahmenvorgabe das Ziel eines integrierten Systems, das sich aus den bestehenden Schulen entwickeln muß. Voraussetzung ist, daß die zwangsweise Abschulung in eine minderwertige Schulform abgeschafft wird.
Aus einer Begegnung mit finnischen Lehrern und Bildungsakteuren berichtete Marianne Demmer ein für die Entwicklung in Hamburg nicht unwesentliches Detail: Für die Umstellung des Bildungssytems in Finnland vor ca. 15 Jahren vom – ehemals deutschen! – Modell auf das heutige so erfolgreiche verkleinerte man in der ersten Phase die Klassenfrequenz drastisch. Ohne eine immense Investitionserhöhung in personelle und materielle Ressourcen ist ein echter Wechsel nirgends zu haben.
Die GEW fordert von den Landesregierungen, die rechtlichen Möglichkeiten zu schaffen, damit Einzelschulen sich in einer Schulentwicklung von unten zu einer integrativen und inclusiven Schule entwickeln können.

Dieter Wunder, ehemaliger langjähriger GEW-Vorsitzender und derzeit Mitglied der Enquète-Kommission Schulentwicklung der Hamburgischen Bürgerschaft, stellte seinen Standpunkt zur Strukturreform dar. Er machte vor allem klar, daß eine Strukturreform ohne die Berücksichtigung der betroffenen (Eltern) nicht möglich sei. Vor allem sei ein Konsens mit den Eltern des Gymnasiums unerläßlich. Unter der Voraussetzung eines Abschulungsverbots setzt Wunder dabei auf die Lernfähigkeit des Gymnasiums. Für ein "Zwei-Säulen-Modell" sei auch Voraussetzung, daß auch die nichtgymnasiale Säule zum Abitur führen müsse. Ungeklärt schien für ihn selbst auch noch die Frage zu sein, ob eine "große" Lösung (Gemeinschaftsschule) oder eine "kleine" Lösung (Zwei-Säulen-Modell) der für Hamburg gangbare Weg ist. Die heilige Kuh "Elternwille" (die politische Sprachfigur für die Notwendigkeit der Beibehaltung des Gymnasiums) schien dabei in Wunders Statement noch nicht ausreichend gedanklich hinterfragt, weshalb er reichlich Einwände aus dem Auditorium erntete.

Mit dem Problem des "Elternwillens" beschäftigte sich jedoch der Workshop "Stadtentwicklung, Schulentwicklung – Stadtteilschule", in dem daran erinnert wurde, daß der "Elternwille" zur Durchsetzung der Gesamtschule geführt hatte – mithin also historisch, wandelbar und beeinflußbar ist. Klar wurde hier auch, daß sich hinter dem "Elternwillen", der sich derzeit als Wahl des Gymnasiums zeigt, nicht mehr, aber auch nicht weniger, verbirgt, daß alle Eltern die bestmögliche verfügbare Förderung ihrer Kinder anstreben. Auch mit dem derzeitigen Gymnasium sind nicht alle Eltern zufrieden und würden eine Gemeinschaftsschule, die ihre Kinder besser fördern könne, vorziehen, wie Frieder Bachteler, Schulleiter eines ehemaligen Gymnasiums, das sich in eine Gesamtschule verwandelt hat, betonte.
Sabine Boeddinghaus, SPD-Abgeordnete in der Harburger Bürgerschaft, faßte im Abschluß-Plenum die Ergebnisse des Workshops zusammen: Das "Zwei-Säulen-Modell" sei nicht der richtige Weg zur "Schule für Alle" in Hamburg. Überdies müsse der Begriff "Stadtteilschule", den die Behörde zunächst nur als schön klingende Worthülse für die nichtgymnasiale Säule aus der Schulreform-Kultur übernommen hat, wieder mit den konkreten zukunftsfähigen Inhalten der "Just Community-School" gefüllt und positiv besetzt werden. Mit Jürgen Dege, der als Leiter der Koordinierungsstelle "Bildungsoffensive Elbinsel" mit der konkreten Ausgestaltung des Begriffs "Stadtteilschule" beschäftigt ist, hat der Arbeitsbegriff "Bilden, Beraten, Betreuen" in die Planung Einzug erhalten, der für eine quartiersbezogene Vernetzung von Schule und Stadtteilinstitutionen und –initiativen steht.

Der Workshop "Volksinitiative für eine Schule für Alle – (Wie) Geht das?" eruierte die Möglichkeiten und Voraussetzungen für das Gelingen einer politischen Strategie, die die Institution der außerparlamentarischen Mitbestimmung "von unten" nutzt. Wolfgang Rose, Landesbezirksleiter der Gewerkschaft ver.di, erläuterte vor allem die Bedeutung des richtigen Zeitpunkts, nämlich den Zusammenhang mit den beiden laufenden Volksinitiativen in Hamburg. Die Hamburger Regierung hatte den letzten Volksentscheid ignoriert, in ihrer Politik konterkariert und zudem das Gesetz über Volksinitiativen dahin verändert, daß keine Unterschriften mehr öffentlich gesammelt werden dürfen, sondern die Bürger ins Rathaus kommen müssen, um ein Begehren zu unterschreiben. Die beiden laufenden Volksinitiativen fordern erstens, daß wieder "auf der Straße" gesammelt werden darf, und zweitens, daß das Gesetz einen Passus aufnehmen muß, der die Regierung zwingt, einem Volksentscheid Rechnung zu tragen oder – wenn sie dies nicht gewillt ist - , eine neue Initiative gegen den Entscheid durchzuführen. Gekoppelt mit diesen beiden Initiativen hätte eine Volksinitiative für "Eine Schule für Alle" einen konkreten Gegenstand, damit der Entscheid "Eine Schule für Alle" auch einen strategischen Ort, der seine Erfolgsaussichten verbessern könnte.

Den Workshop "Integration von MigrantInnen in der Schule für Alle" moderierte kompetent die Schülerin einer 13. Klasse Kübra Yücel, Vorstandsmitglied der SchülerInnenkammer Hamburg. "Ich habe zum ersten Mal Erwachsene moderieren müssen und darum etwas Lampenfieber gehabt", erklärte sie. Mit Geschick und Routine stellte sie im Abschlußplenum außerdem die Arbeitsergebnisse des Workshops vor. Sie führte damit auch beispielhaft vor, welches Niveau an demokratischen Kompetenzen Schüler in der Hamburger Schule entwickeln können, die an dem Bund-Länder-Kommissions-Programm "Demokratie lernen und Leben" beteiligt sind. Mit dem Schildbürgerstreich der Bundesregierung zur Föderalismusreform sind solche Bundesprogramme zur Schulentwicklung in Zukunft leider nicht mehr möglich.

IV. Ausblick
Ein Schulstrukturrwandel zu "Einer Schule für Alle" kann nur gelingen, wenn auch die innere Struktur der Schule sich wandelt: Die Schule muß sich vom Stoff"Lernen" im Gleichschritt des frontalunterrichteten undifferenzierten Klassenverbands, der die Form des 19. Jahrhunderts mit den Anforderungen einer militarisierten Industriegesellschaft war, zu einem völlig neuen Lernverständnis und einer völlig veränderten Lernorganisation wandeln. Diese innere Umstrukturierung der Schule sollte und konnte die Tagung natürlich nicht behandeln.
Manches davon wurde jedoch nebenbei deutlich:

Wie eine Schulentwicklung in Richtung einer Gemeinschaftsschule an einer Einzelschule in Hamburg gehen kann, erläuterte mir in einem Pausengespräch die Schulleiterin der Schule Beim Pachthof, Heilke von der Ahe. Die GHR-Schule, in Hamburg-Horn gelegen, einem Stadtteil mit hohem Anteil an "Risikoschülern" hat ihre Schulentwicklung mit einer Erweiterung der Grundschule begonnen: Zunächst wurde die Beobachtungsstufe 5/6 in die Grundschule integriert, die Klassen 7 und 8 der Sekundarstufe I sollen nach den positiven Wirkungen dieser Maßnahme jetzt in der Integration folgen. Mit der Leitidee "Förderung statt Wiederholung" hat die Schule das Sitzenbleiben praktisch abgeschafft. Mit welchem Lernverständnis und welchem pädagogischen Instrumentarium zum selbstständigen Lernen die Schule beeindruckende Erfolge der Integration von Heterogenität und Inklusion aller im Stadtteil lebender Schüler erzielt und damit ein beispielgebendes Modell für andere Schulen sein kann, ist detaillierter vor allem im Schulprogramm auf der Homepage der Schule zu erfahren.

Mit lang anhaltendem Beifall bedankten sich die Teilnehmer der Tagung bei den SchülerInnen des integrierten Berufsvorbereitungsjahrs der Gewerbeschule 12, die uns den ganzen Tag über mit einem köstlichen Catering versorgten und damit nicht unwesentlich zum Gelingen der Veranstaltung beitrugen. Auch dieses Detail der Tagung ist ein Beispiel für die Emergenz einer neuen Schulkultur: Das Catering ist ein sogenanntes Service-Learning, eine Methode zum selbstständigen Lernen und ein Bestandteil des vielfältigen Methodensets von "Demokratie lernen und leben".

Der Anfang ist gemacht. Die Tagung hat gezeigt, daß die Forderung nach einer Bildungs-Strukturreform, die das gegliederte Schulwesen überwindet, von einer Vielzahl von Akteuren im Bildungswesen, in der Politik und nicht zuletzt von den Betroffenen unterstützt wird. Jetzt gilt es, für das gemeinsame Ziel eine politische Strategie zu entwickeln und diese in
konkrete Aktionen zu gießen. Der Aufbau einer interaktiven Internetplattform zur kommunikativen Bündelung aller beiteiligten Akteure sowie zur Vernetzung mit Geschwister-Initiativen und Expertise in anderen Ländern wird sicher eine der nächsten Aufgaben sein!
Bild: Ivan Montero / fotolia

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