Neue Medien

Freitag, 2. Oktober 2009

Literatur zum Unterricht mit Web 2.0

An die Referendare und Referendarinnen aus meinen Modulen habe ich gerade verschickt:

Liebe Referendare und Referendarinnen,

jetzt habe ich endlich mein Versprechen umgesetzt und die mir bekannte derzeit beste und wichtigste Literatur zum Thema Weblogs im Unterricht für Ihre Examensarbeiten herausgesucht. Das Ergebnis finden Sie im Attachment. Das gute ist, es ist nicht bloß eine Literaturliste, sondern Sie haben die Literatur auch gleich in der Hand bzw. im Netz – denn es ist alles im Netz, selbst die (zunächst gedruckten) Bücher! So sind sie, die Netzwerker von heute mit der Media Literacy. ;-)

Es muss natürlich nicht alles bis ins kleinste Detail ausgelesen werden – aber auf alles mal draufgucken würde ich schon – und dann noch eine individuelle Auswahl treffen, worauf ich mich in der Arbeit dann auch tatsächlich und mit Zitaten beziehen möchte. Tut mir Leid, dass ein Großteil der Literatur in englischer Sprache ist. Das liegt daran, dass die angelsächsischen Länder mit dem Thema Medienkompetenz in der Schule viele Jahre Vorsprung haben und man hier erst so langsam aus dem Dornröschenschlaf erwacht. Die deutschen Papiere zum Thema sind wegen dieses Dornröschenschlafs auch nicht unbedingt alle auf dem international schon erreichten Level (jedenfalls sehe ich es so!). Umso wichtiger, dass jetzt in Deutschland bald viele Arbeiten aus der Praxiserfahrung heraus entstehen. Das ist innovativ und mein Respekt für Ihren Mut und Ihre Experimentierfreude im Neuland ist Ihnen auf jeden Fall sicher.

Ein Tipp noch: Nehmen Sie in ihre Arbeit auf jeden Fall auch etwas aus den Punkten 1. und 2. auf – das brauchen Sie u. U. auch als Legitimationshilfe! Und vergessen Sie nicht, Ihre jeweiligen Bildungspläne auf Medienkompetenz hin zu untersuchen und zu zitieren! Es gibt nicht nur Fach-Bildungspläne, sondern in Hamburg auch den Querschnitt-Bildungsplan „Aufgabengebiete“. Dieser wird leider oft vernachlässigt, obwohl die Lehrer eigentlich verpflichtet sind, alle seine Bestandteile – von Gesundheitserziehung über interkulturelle Kompetenz und Sexualerziehung bis Medienerziehung – in den laufenden Fachunterricht einzubringen!

So, jetzt genug belehrt und ermahnt! Ich hoffe, Sie können trotzdem etwas anfangen damit ;-)

Alles Gute für Sie! Viele Grüße, Lisa Rosa



Hier die LIteraturliste_Unterricht_mit_Web20 (pdf, 76 KB)

Ich freue mich über Hinweise und Ergänzungen!

Sonntag, 19. April 2009

Ende der Kreidezeit!

Reflexionen zur Nachbereitung der Tagung Ende der Kreidezeit? Ne(x)t generation learning
#limedien09

1. Weitsicht statt Nachklapp

Norbert Rosenboom, Leiter des Amtes Bildung der Hamburger Schulbehörde, versprach auf der Tagung , 60 Millionen Euro dafür auszugeben, alle Klassenräume in allen Schulen mit einem Internetzugang auszurüsten. Jubel! Natürlich freut sich jeder Lehrer, dass er nun nicht mehr auf die langfristige Vorausbuchung des einzigen Computerraums der Schule angewiesen ist, wenn er das Internet irgendwie in seinen Unterricht einbetten möchte. Ist das Geld so aber auch wirklich gut ausgegeben? Sollten wir nicht lieber erst noch einmal darüber nachdenken, wohin die Reise geht, bevor wir die Kutsche wählen? Wollen wir die Bildung im Klassenraum (Unterricht) konservieren, oder wäre es gut über die Klassenräume und den Unterricht hinaus zu denken (und zu investieren)? Müssen wir alle Einzelschritte in der nachholenden Medien- und Bildungsentwicklung gehen, wo wir doch sowieso schon soweit hintendran sind? Müssen wir alle Erfahrungen, die weltweit schon vorliegen, selbst wieder neu machen? Könnten wir mit längerfristiger Vision und Vorausplanung (über die nächsten 10 Jahre) nicht viel mehr erreichen als mit den kleinen und immer teureren Trippelschritten?
Es wäre sicher viel weitsichtiger für die Stadt und das Land Hamburg, die ganze Stadt mit Spots und kostenlosem WLAN für alle Einwohner auszurüsten. Das wäre wirklich etwas gegen den digital (und social und educational) divide! Und wir wären zwar nicht die erste Stadt auf der Welt - aber die erste in Deutschland! Und das erste Bundesland dazu! Und was, wenn wir das Beispiel Portugals nachahmen würden, jedem Kind ein mobiles Endgerät (derzeit Netbook, iPhone) als Begrüßungsgeschenk für seinen Eintritt in die Welt als Bürger Hamburgs zu machen? Woher das Geld? Nun: Man könnte den Bildungsetat und den Etat der Stadtentwicklungsbehörde zusammenlegen in dieser Frage. Das ergäbe schon viel mehr als die 60 Mio. (Touristen könnten zahlen für den Eingang ins Netz). Vielleicht würde man mit einer solchen Maßnahme auch viel mehr innovativ creatives in die Stadt locken, als mit der Mega-Hafencity. Man könnte außerdem einen Großteil des Etats für Lehrmittel dafür verwenden und die Anschaffung teurer Schulbücher zusammenstreichen, die nun mal ums Verrecken keinen Hypertext enthalten können. Man könnte endlich ernst nehmen, dass der Computer nicht einfach ein Additum zu den bisherigen Medien ist, sondern das neue Leitmedium, das sich außerhalb der Schule schon lange überall durchgesetzt hat. Oder würden wir etwa heute noch Bushaltestellen neu mit einer gedruckten Anzeigetafel ausrüsten anstatt mit digitaler Anzeige? Warum folgen wir nicht der gleichen Logik in der Bildungsplanung?

2. Epoche des untergehenden Unterrichts

Beat Döbeli hat einen großartigen Vortrag auf der Tagung gehalten. Wie bei allen seinen Vorträgen war auch dieser wieder ein Genuß an Vortragsdesign. (Er steuerte seine Performance vom iPhone aus und machte damit ein wichtiges Stück des Leitmediums erlebbar - nicht nur ein tool.) Ein Kunstwerk eben. Ausgezeichnete Visualisierungen. Angetan hat es mir insbesondere die Buchschneidemaschine, mit deren Hilfe Döbeli seine Bücher in Einzelseiten zerlegt - gleichsam entbindet -, um sie digitalisieren zu können. Zerstören, um im neuen Medium aufzuheben. Herrlich! Zum Kunstwerk gehörte auch, dass er durch die Aula rannte, um ganz hinten einem Teilnehmer, der uns einen Text in Schwizerdütsch übersetzen konnte, eine große Toblerone zu überreichen. Die m. E. wichtigste Botschaft seines Vortrags war diese:

Der Computer ist
  • ein Versprechen
  • eine Chance
  • ein Druck
  • nicht die Lösung

Ein Versprechen auf die Zukunft, in dem die (für die Gattungsentwicklung nötigen) Visionen und Utopien der Verbesserung der Lebensbedingungen enthalten sind.
Eine Chance, diesen Visionen einen Schritt nächer zu kommen.
Ein Druck, der den stattfindenden Formationswechsel in allen Bereichen der Gesellschaft erzwingt. (Selbst derjenige, der den Computer (das Internet, die social media des Web 2.0) ablehnt, kann ihn ja eben auch nicht ignorieren und nicht nicht Stellung beziehen.)
Nicht die Lösung, weil neue Technologie neue Lösungen zwar als Potenzialität enthält, aber nicht die Lösungen selbst ist, nicht mit ihnen identisch ist.
Diese vier Kennzeichen müssen wir uns immer wieder klarmachen. Sie sind auch enthalten in der Vorstellung Michael Gieseckes, der IK-Medien Katalysatoren des gesellschaftlichen Formationswandels nennt. Katalysatoren beschleunigen eine Entwicklung; sie richten die Reaktionen in eine bestimmte Richtung; sie minimieren die benötigte Aktivierungsenergie - aber sie bewirken nicht die konkret historische Lösung selbst.
Schade, dass Döbeli am Ende seines Vortrags eine Vorstellung angeboten hat, womit er sich selbst widerspricht. Zumindest macht er dieses Missverständnis möglich: Er legte durch die Aussage "Kein Ende der Kreidzeit", alle Medien sind gleichberechtigt, die Vorstellung nahe, dass der Computer bloß ein neu hinzugekommenes Werkzeug, das also zu den schon bestehenden zu addieren und auf gleicher Ebene mit den alten zu sehen sei. Daß wir Lehrer uns also den Computer zu Tafel und Schulbuch in den Unterricht hinzuzuholen hätten, um dann - unter den Prämissen der alten Schule und Didaktik - jeweils nach Unterrichtsprogramm zu entscheiden, welche dieser Medien wir gerade als "Mittel" einsetzen.
Ich sehe es anders: IK-Medien sind nicht einfach Unterrichtsmittel. Der Computer ist das globale Leitmedium geworden, unter dem alle bisherigen Medien ihren neuen Platz finden müssen. Die Potenziale des Leitmediums Computer für Lernprozesse wird man nicht erschließen können, wenn man sie nur auf der Grundlage der Potenziale der alten Medien beurteilt. Wenn man dies tut, kann man die neuen Möglichkeiten, die man ja noch gar nicht kennt, nicht erproben, entwickeln, emergieren lassen. Immer steht im Weg die Erfahrung mit dem alten Medium, die dann in der Aussage mündet: Wieso, mit Tafel und Kreide / mit dem Stift auf Papier usw. geht doch alles viel schneller und besser und unabhängiger von teuren Geräten und dem (noch nicht vorhandenen) Netzzugang. Kreidetafel, Stift und Papier müssen stattdessen "umziehen" - im Raum, in der Medienkonstellation, im Kopf, in der eigenen Praxis. Aus der Logik des Unterrichtens (der Lehrer plant den Lernprozess in Unterrichtsform, d.h. er plant seinen Lehrprozess, dem die Schüler "aufnehmend" folgen sollen), kommen wir nicht hinaus zur Logik des Lernens (die Lerner bestimmen und planen ihre sinnbildenden Lernprozesse mithilfe eines Coaches, eines Experten für Lernprozessgestaltung), wenn wir einen Computer in den Unterricht und seinen Klassenraum einführen. Dieses Setting bzw. Design verstellt die Realisierung der noch unbekannten tatsächlichen Potenzialitäten, weil sie gar nicht in den Horizont geraten können.

3. Freiräume zur Gestaltung des Übergangs in eine Epoche selbstreflexiver Lernkultur

Derselbe Norbert Rosenboom hat uns eine noch wichtigere Botschaft gebracht als die des Netzzugangs in allen Klassen: Die Behörde wünsche ausdrücklich, dass Experimente mit der inneren Schulstruktur gemacht werden. Jede Schule kann selbst bestimmen, wie sie die Lernzeit rhythmisiert, wie sie ihre Lerngruppen zusammensetzt, wie sie ihre Lernorganisation designt. Das ist ein Freiraum, von dem andere Bundesländer nicht mal träumen dürfen. Nutzen wir ihn! Wer weiß, wie lange das Fenster offen steht. Einzige Bedingung, die Rosenboom nennt: "Zum Wohle des Schülers". Nehmen wir mal hin, daß das Wohl des Schülers oder der Schüler nichts Objektives ist, sondern immer konkret der Interpretation bedarf. Es ist ein Auszuhandelndes (in erster Linie mit den Lernenden selbst, denn Kinder sind Experten ihrer selbst; aber ebenso mit ihren Eltern, den Lehrerkollegen, den Vorgesetzten, der Schulaufsicht). Wir müssen uns also um die Entwicklung einer demokratischen Schulkultur, einer wirklichen Partzipation der gesamten Schulcommunity, kümmern. Es zwingt außerdem zur ständigen Legitimation vor allem von Veränderungen der bisherigen Praxis gegenüber denjenigen, die um den Erhalt der alten Praxis und deren Regeln und Strukturen kämpfen. Dazu muss man die Stellen in den gegebenen Vorschriften kennen: Sie liegen in HH im Schulgesetz, in den Schulbriefen der Schulsenatorin und im Orientierungsrahmen Schulqualität. Und diese bieten einen viel weiteren Bedingungsrahmen als viele von uns bisher realisiert (wahrgenommen im Geiste), geschweige denn realisiert (umgesetzt in konkrete Realität) haben.

4. Ich habe viel gelernt auf der Tagung

Nicht alles ist mir davon schon bewusst geworden. Und nicht alles, was ich bis heute von dem, was mir bewusst wurde, schon reflektiert habe, kann oder möchte ich kommunizieren. Aber von zwei Workshops, die ich besucht habe, möchte ich schwärmen:
Die Veranstaltung von Daniel Röhe (hier sein Unterrichtsblog), "Weblogs im Alltag einer Schule", der in der einen Workstunde mit etwa 35 Teilnehmern gleichzeitig vortrug, zum Bloggen anleitete und bei hoch individualisierter Tätigkeit der Teilnehmer mit einer ständig wechselnden Gruppe Gespräche führte. Ich selbst habe dabei zum ersten Mal geübt, den Gegenstand meiner Aufmerksamkeit ständig neu zu bestimmen. Ich habe das gemeinsame Workshopblog abgesurft und kommentiert, das Unterrichtsblog untersucht, Röhe bei der Worshopleitung beobachtet und vorgemerkt, was ich davon lernen möchte (nicht zuletzt seine kluge und sorgfältige Vorbereitung), die Teilnehmer beobachtet und festgestellt, dass alle zufrieden waren, weil sie das lernen konnten, was sie individuell brauchten, und nebenher ständig meine Beobachtungen und Gedanken getwittert, mein Wong mit wichtigen Links aus dem Workshop aktualisiert und eine Wordseite als Protokoll geführt. Ich hatte mindestens 3 Paar Ohren, 3 Paar Hände und 3 Gehirne. Das konnte ich nur mit meinem Notebook auf dem Schoß und dem - zum Glück funktionierenden - WLAN. Das Netz hat mir die Vervielfältigung meiner Organe ermöglicht. Ich war nachgerade glücklich. Ich habe erlebt, was Leont'ev die Erweiterungen der biologischen Organe (hier der Hirnfunktionen) des Menschen durch die Schaffung von Werkzeugen und Maschinen (Computer) bezeichnet. Und ich habe gesehen, dass es möglich ist, 35 Menschen gleichzeitig individuell und kollaborativ lernen zu lassen - Voraussetzung: Alle hatten diese Maschinen zur Erweiterung ihrer Organe auf dem Schoß.

Der Workshop bei Sabine Choinski-Schubert (hier ihre ppt- (pdf, 1,053 KB)) zu "Weblogs für Schülerinnen, Schüler und Eltern am Beispiel der Schule Zitzewitzstraße" war ganz anders. Er gefiel mir vor allem deswegen, weil Sabine ihr Wissen hoch anschaulich konkret ausbreitete und Geschichten aus der Praxis erzählte. An dem Blog ihrer Klasse einer Sonderschule (Sprachheilschule) konnten einige bloggen lernen. Es wurde ein wirklicher organisierter Erfahrungsaustausch von Praktikern. Schade, dass nur wenige Teilnehmer diese Möglichkeit nutzten, aber gleichzeitig gab es bei Ralf Appelt den Workshop "Weblogs als interaktives Medium im Bildungsalltag für lebenslanges Lernen", der gut besucht und auch praxisorientiert war. Auch von diesem Blog-Workshop hörte ich nur Gutes.

Übrigens: Ist es Zufall dass die guten Praxisbeispiele, mit dem Medium Blog zu lernen, ausgerechnet in Sonderschulen auftreten? Möglicherweise nicht. Schon immer haben pädagogische Innovationen ihren Ausgang häufig in der "Behindertenpädagogik" genommen. (Die Geschichte der kulturhistorischen Psychologie ist voll davon.) Vielleicht ist das auch ein Druck, der Innovationen erzwingt. Wenn gar nichts mehr geht, dann bleibt nichts mehr übrig, als Neues zu erfinden und zu erproben.

Aus meinem eigenen Workshop "Weblogs - Chance für die Schülerpartizipation" (hier die Slides, die ich aber nur als Steinbruch benutzte und NICHT als Vortrag1 (rtf, 52 KB)) habe ich auch gelernt:
  • Wenn man die Teilnehmer auffordert, ihre Praxiserfahrungen (statt bloß Fragen zu einem Vortrag) einzubringen, dann bringen sie!
  • Es ist nicht so einfach, in einer einzigen Stunde Erfahrungen der TN diskutieren zu lassen, zu zeigen, was man zu diesen Erfahrungen selbst zeigen möchte, und gleichzeitig mit völlig divergierenden Erwartungen konfrontiert zu sein, weil keiner vorher Zugang zum Abstract hatte
  • erneute Bestätigung meines Verdachts: mit Commsy u.ä. Plattformen zur Organisation gemeinsamen Lernens hat man seine liebe Not (nirgends waren z.B. die abstracts der Vorträge und Workshops zu sehen. Die Commsyräume waren für "hinterher" gedacht, zum Material ablegen und für das Feedback der TN.) Nichts ist dagegen so multifunktional organisierend und Information wie Kommunikation vorher, während und nach einer Tagung ermöglichend und dabei so leicht und schnell zu handhaben wie ... ein Blog.
Und schön: So viele Blog-Workshops! Die Lehrer werden immer interessierter. Was sogar von bloggenden Lehrern selbst vor kurzer Zeit noch als "Hype" gesehen wurde, in angelsächsischen Ländern jedoch schon vielerorts zum Schulalltag gehört, das könnte auch in Hamburg Normalität werden: Dass kein Lehrer, keine Lerngruppe, keine Schulcommunity mehr auf die Potenziale dieses Mediums fürs Lernen verzichten möchte.

Update: einen andere Auswertung gibt es bei Anja Fortscher

Donnerstag, 9. April 2009

Lernumgebung am 17./18. April

Schade, dass manche Entscheidungen schon getroffen sind. Gerne wäre ich am 17./18. April auf dem Educamp in Ilmenau. Pimp your education ist ein tolles Motto. Und die in diesem internationalen Podium auftretenden Experten versprechen das Thema wirklich aus der Perspektive des Lernens (von Individuen und Organisationen) im Web 2.0-Zeitalter anzupacken.
Aber ich werde am 17./18. April stattdessen hier sein: Das Ende der Kreidezeit? - Ne(x)t generation learning. Eine Tagung für die Lehrerfortbildung am LI Hamburg. Das wird eine Bearbeitung des Themas Erziehung und Unterricht sein, das die Hamburger Lehrer da abholt, wo sie (in der Regel) sind: bei Skepsis bis Neugier, was denn ihre Schüler so alles im Netz treiben, und bei der Frage, ob und was davon etwa für den Unterricht fruchtbar zu machen wäre. Ich hoffe, dass in meinen Workshop Weblogs - eine Chance für die Schülerpartizipation nicht nur Lehrer (Klassenlehrer, Verbindungslehrer und Schulleiter), sondern auch Schüler (Klassensprecher, Schulsprecher, Stufensprecher) teilnehmen werden. Natürlich reicht Hoffen nie. Man kriegt nur, was man selbst vorbereitet - sagt mein Kollege von der Projektdidaktik immer. Daher habe ich mich ein bißchen darum gekümmert, dass engagierte Schüler davon erfahren.

Sonntag, 5. April 2009

My re:publica 09

re:publica? Davon hatte ich zwar schon "gehört" - also im Netz gelesen -, aber dass sie etwas für mich sein könnte, hatte ich bis zum 2. April 09 nicht gedacht. Was sollte eine in die Jahre gekommene Lehrerin mit einer riesigen Ansammlung von jungen Nerds - und dann auch noch f2f ? Meine Güte!
Aber Martin Riemer hat mich bequatscht und Tanja Haeusler hat mich eingeladen zu kommen und dort in einem Panel mit der Jugend zu sitzen und einen Vortrag zu halten. Danke für die Einladung und für die Überredungskünste - denn schließlich habe ich mich doch getraut. Zum Glück, denn sonst hätte ich wirklich viel verpasst. Nachträglich weiß ich, dass ich auch den ersten Tag nicht hätte verpassen dürfen. Schade, dass ich erst am zweiten Tag nachmittags dazustieß.
So viele interessante Vorträge, Gespräche, Kontakte ...
Gut gefallen haben mir Tina Guenthers Vortrag Digitale Identität und Christiane Links Beitrag zum selben Thema. Auch von Jan Schmidts Vortrag Das neue Netz habe ich viel mit nach Hause genommen, obwohl noch einiges zu diskutieren offen bleibt. (Nicht zuletzt die Wahl seines Hamburger Fußballvereins ;-() Ein bißchen enttäuscht war ich von Jimbo Wales und auch von Mary C. Joyce Vorträgen. Sie bestätigten nur, was schon bekannt war. Aber sehr gerne hätte ich die beiden natürlich als Speakers in meinem Institut!

Besonderes Highlight war mir Esra'a al Shafei mit ihrer spannenden Präsentation Political evolution und für meine Praxis äußerst nützlich außerdem die Vorstellung der Jugendplattformen im Workshop Jugendbildung - soziale Software sowie Jöran Muuß-Merholz und Guido Brombachs Schulen ins Netz. Bestimmt ergeben sich Möglichkeiten zur Zusammenarbeit!

Mein Vortrag Ne(x)t Generation? Bildung im Übergang von der Arbeitsgesellschaft zur selbstreflexiven Lerngesellschaft hat hervorgerufen, was ich mir am meisten wünschte: Widerspruch und Diskussion, kritische Einzelgespräche aber ebenso auch viel zustimmendes Feedback. Vielen Dank an alle.

Donnerstag, 12. März 2009

Lehrerblogs

Der Lehrerfreund hat uns Lehrern - und nicht nur den bloggenden - einen Service geliefert, für den ich mich herzlich bedanke: Berthold und Hermann Metz, die das Service-Blog seit dem Jahr 2000 betreiben, haben 70 deutschsprachige Lehrerblogs gesammelt, nach Alter geordnet und kurz kommentiert. Eine Heidenarbeit, vermute ich. Die Kategorisierung teilt ein in "Verteranen", "Etablierte" und "Säuglinge". Ablesbar ist daran, dass sich auch in den deutschsprachigen Ländern die Blogs zum Thema Schule und Unterricht von einer Handvoll zu Beginn des Jahrtausends zu wahrscheinlich immerhin einigen Hundert vermehrt haben. Diese Zunahme steht allerdings in keinem Verhältnis zu der Zunahme in den angelsächsischen Ländern, in denen "der bloggende Lehrer" offenbar schon länger üblich ist. Wenn man die Edu-Blog-Szene dort besichtigt, dann wird auch deutlich, dass Blogs vor allem zu Medien geworden sind, die den Erfahrungsaustausch für die professionelle Praxis organisieren. Wie das Web 2.0 das Lernen verändert und wie Unterricht sich darum verändern muss, ist neben der Organisierung der einzelnen Schulcommunity und der Schüler- und Elternpartizipation über Blogs das Hauptthema. Die Beispiele dafür sind Legion. Zu wünschen ist, dass die (Selbst-) Erfahrungen der bloggenden Lehrer in unserer Weltregion zunehmend auch dazu führen, Schule und Unterrichten ins Web 2.0 - Zeitalter zu befördern. Denn häufig sind die hiesigen Lehrerblogger noch sehr damit beschäftigt, ihren traditionellen Unterricht in der traditionellen Institution zu beschreiben. (Diese Etappe ist wohl notwendig.) Ich möchte allerdings vorschlagen, dazu überzugehen, die Diskrepanz zwischen der derzeitigen Unterrichtspraxis und dem, was man selbst als Web 2.0-User an neuer Lernkultur erfährt, in den Blick zu nehmen, anstatt wie viele es noch tun, das Bloggen als eine Privatangelegenheit zu betrachten.

Apropos privat: Der Lehrerfreund hat shift so kommentiert: "Ausführliche Beiträge zu schulischen, (medien-)pädagogischen und privaten Themen." Auf der Suche nach diesen privaten Themen in meinem Blog, das zu den "Veteranen" gezählt wird, bin ich allerdings nicht fündig geworden. Was versteht der Lehrerfreund eigentlich unter privat? Mein Interesse für die Geschichte von NS und Holocaust z.B.? Es ist persönlich, wie Interessen immer persönlich sind, aber es ist natürlich ständig bezogen auf gesellschaftliche Diskurse, auf Unterrichtspraxis und Lernprobleme und insofern ich meine Gedanken dazu veröffentliche, wird es eben auch Teil dieses öffentlichen Diskurses. Never mind! Ich habe noch einige mir bisher unbekannte hiesige Lehrerblogs in Lehrerfreunds Service entdeckt - und bedanke mich!

Bewerten ist ein wichtiger Aspekt in der social-media-Welt. Drum hat auch der Lehrerfreund einen Award ausgeschrieben für die "besten drei Lehrerblogs", die man aus 10 vom Lehrerfreund nominierten Blogs heraus"voten" darf. Hm. Zwar habe ich mich schon immer geärgert über den Edublog-Award der angelsächsischen Länder, da er nur englischsprachige Blogs berücksichtigt. (Notieren: Partizipationskompetenz an der Weltgesellschaft erfordert endlich das Umsteigen auf die englische Sprache.) Aber immerhin gibt es dort eine Kategorisierung, die nicht der Formalität des Blogalters folgt, sondern der funktionalen Spezifik. Nach welchen Kriterien wählt der Lehrerfreund die 10 aus 70? Das ist noch nicht bekannt - man darf also gespannt sein.

Dienstag, 20. Januar 2009

Mein Amtsantritt Obamas

Heute ist ein historischer Jubel-, Pop- und Partytag – und das nicht nur in den USA, sondern weltweit. Auch bei mir.

Ja, ja, ich weiß schon, dass der neue Präsident der noch stärksten Macht der Welt nicht "der liebe Gott" ist, der alles zum Guten wendet, sondern auch bloß ein Mensch mit Grenzen und darum in seiner Präsidentschaft eingebunden in die Strukturen des amerikanischen Politiksystems – die auch nur eine der kulturhistorischen Begrenzungen darstellen, denen auch ein US-Präsident Obama unterliegt. Und wenn ich bisher standhaft gegen allerlei Vorstellungen geblieben bin, alles derzeitige Übel der Welt "DEN Amerikanern" (mit ihrem Bush) anzulasten, so müssen mich die gleichen Gründe nun ebenso davon abhalten, von "DEN Amerikanern" (mit ihrem Obama) die Überwindung desselben zu erwarten. Was von seiner Amtsführung an wirklichem Wandel erwartet werden kann und was nicht, darüber sind anderswo kluge Einschätzungen zu lesen (und zu erwarten ist, dass sie sich schnell vermehren). Beispielsweise bei Gareth Porter in seinem Beitrag Der Rückzug vom Rückzug in Le Monde diplomatique bezüglich der Möglichkeiten Obamas, den Irakkrieg zu beenden. Oder in Kevin K. Kumashiros Kommentar Wrong Choice for Secretary of Education in der Education Week bezüglich der Hoffnungen, die man sich auf einen Wandel in der amerikanischen Bildungspolitik machen darf (danke Georg Lind für diesen Hinweis im Bildungsinfo!). Oder auch der skeptische Realismus in Norman Birnbaums Gruß an den Präsidenten in der gestrigen taz.

Und trotzdem: Ich bin begeistert. Nämlich von der Lektüre des kleinen Buches Jeffersons Erben. Wie die digitalen Medien die Politik verändern von Tobias Moorstedt. (Danke Corredor für das Buch!)

Moorstedt untersucht den Internet-Wahlkampf Barack Obamas und belegt mit einer Fülle von Beispielen, wie sich die alte repräsentative Demokratie zu einer radikalen Partizipationsdemokratie hin verändert - oder zumindest: verändern KANN. Wenigstens sind lebendige Anzeichen und handfeste Ergebnisse davon zum ersten Mal im Präsidentenwahlkampf zu sehen: Mit Hilfe der social software gelingt es, den Beiträgen der "normalen" Menschen Bedeutung zu verschaffen. Nicht nur, dass für Obama mehr Vorwahlkampfgelder als bei seinen Gegnern zusammen kamen, obwohl der größte Teil der Einzelspenden nicht mehr als 25 Dollar betrug. Es sind offenbar andere, die spenden, von diesen jedoch viele: Allein bis Juli 2008 gewann Obama über 1,5 Millionen einzelne Spender, während Clintons Geldquelle schon beinahe versiegte, weil sie "sich zu sehr auf das Netzwerk ihrer reichen Anhänger verlassen hatte" (57). Barack Obama, so der Befund Moorstedts, gewinnt die Vorwahlen und die Präsidentenwahl, weil sein Motto "We can" nicht nur das Versprechen einer politischen Teilhabe in der Zukunft darstellt, sondern weil auch schon der Wahlkampf selbst eine gemeinsame und geteilte Aufgabe derer ist, die diese Teilhabe einfordern und für diese Forderung zu mobilisieren sind. Möglich gemacht haben es die Neuen Medien – wirklich gemacht haben es die vielen Menschen. Spannend ist zu lesen, wie der long tail, bekannt aus dem Kommerzbereich des Internets, sich zum ersten Mal hoch wirksam die Politik erobert: Die amerikanischen Instrumente der eDemocracy wie MoveOn.org mit 4 Mio Mitgliedern – ein digitales Medium zur Organisierung von politischen Kampagnen – und OffTheBus – die Plattform für citizen journalism der Huffington-Post - machten es möglich, dass nicht nur massenhaft Geld eingesammelt wurde und massenhaft selbstorganisierte Unterstützungspartys stattfanden (diese v.a. über mybarackobama.com ), sondern auch politische Themen wie der Rückzug aus dem Irak und die Gesundheitsreform eine wichtige Rolle bei der Mobilisierung gewinnen konnten.

Citizen journalism hat mich besonders begeistert. Die bei uns vorherrschende Ansicht, Massenjournalismus in den social media untergrabe die Qualität und Seriosität journalistischer Produkte und entbehre der Tiefe des in den klassischen Medien sorgfältig recherchierten investigativen Reports, muss in Frage gestellt werden angesichts der Erfahrungen mit OffTheBus: Nicht nur, dass die Amateurjournalisten auf der Plattform von versierten Journalisten redigiert und betreut werden – und dabei - learning by doing - möglicherweise sogar selbst zu Professionellen werden. Nach dem Prinzip des "distributed journalism" arbeitend, waren sie in einer investigativen Angelegenheit dem klassischen Ein-Mann-Reporter und dem auf wenige Personen begrenzten distributed journalism eines klassischen Mediums sogar weit überlegen. Moorstedt berichtet über den Erfolg und den Einfluss von 60 Bürgerjournalisten bei OffTheBus, die in einer organisierten Aktion 2500 Seiten Material ausgewertet hatten, um dem Kandidaten Mitt Romney nachzuweisen, dass er "Prediger und christliche Journalisten auf der Gehaltsliste hatte, die sich im Gegenzug positiv über ihn äußerten." (137)

Eine Rezension von Jeffersons Erben in politik digital endet mit dem Satz:
"Hinterlegt [?] mit einer gehörigen Portion analytischen [sic] Schärfe wird dieser Titel zum "must have!" für jeden Anhänger des neuen Mediums." Ich will mal nicht so kleinkrämerisch mit der grammatischen Korrektheit und der Bedeutung von Wörtern sein, sondern inhaltlich zustimmen. Andererseits muss ich widersprechen, denn warum sollen nur diejenigen, die Anhänger des neuen Mediums sind, erfahren, wofür das neue Medium gut ist? Nein, für alle, die an den politischen Entscheidungen ihrer Gesellschaft teilhaben wollen, ist es ein "must have", und natürlich gerade auch für die Medienskeptiker (auch für diejenigen von Politik digital!). Für eine "Einmischung in die eigenen Angelegenheiten", wie Max Frisch Politik definiert, werden die neuen sozialen Medien jedenfalls immer bedeutsamer.

Montag, 6. Oktober 2008

Neues Lernen mit dem neuen Leitmedium

Am Samstag, dem 4. Oktober gingen in Vaduz (Liechtenstein) 25 Internet-interessierte Pädagogen in Klausur, um "Neues Lernen mit Medien" dialogisch zu erkunden. Die Klausur war Teil des AdZ-Netzwerk-Kongresses der Schulerneuerer, der den Titel Herausforderungen trug.

Jean-Pol Martin hielt den Einführungsvortrag "Mit Schülern die Welt verbessern? Wie man im Unterricht an das Bedürfnis nach Sinn anknüpft". Engagiert präsentierte er sein anthropologisches Modell und sein Konzept menschlicher Kommunikationsnetze analog dem neuronalen Netz. Leider bot der organisatorische Rahmen keine Möglichkeit, Jean-Pols Hypothesen anschließend im Plenum zu diskutieren. So blieben die notwendigen Fragen ungestellt. Mir jedenfalls erscheint die einfache Gleichsetzung von menschlicher (Kommunikations-)tätigkeit mit der Funktionsweise des neuronalen Netzes diskussionsbedürftig. Trotzdem war es ein sehr interessanter Vortrag, nicht zuletzt deshalb, weil Martin über Skype Christian Spannagel eingebunden hatte, der seine Idee des öffentlichen Wissenschaftlers darlegte.

Am Nachmittag fanden dann drei Workshops zum "Neuen Lernen mit Medien" statt. Mein Beitrag dazu war der Vortrag "Neues Lernen mit Medien: Lernen und Lehren mit Weblogs in der Schule." Die Teilnehmer diskutierten vor allem den von mir in einem theoretischen Teil thematisierten Paradigmenwechsel vom Unterricht zur Lernkultur. Anschließend untersuchten wir zusammen meine exemplarische Weblogsammlung aus der internationalen Schulpraxis unter der Fragestellung: Altes Unterrichten mit neuen Instrumenten oder Neues Lernen mit dem neuen Leitmedium? Sehr froh war ich, dass auch Zeit genug war, dass zwei Teilnehmer ihre eigenen Blogs vorstellen konnten: Bio 2.0 und Schueler-Mobbing.

Hier mein Vortrag: Neues-Lernen-mit-Weblogs (pdf, 52 KB)

Donnerstag, 25. September 2008

Social Bookmarks als Instrument im Unterricht

Linklisten, vor allem wenn sie alles Mögliche sammeln, was mit dem Thema des Unterrichts zu tun hat, sind nicht unbedingt eine große Hilfe. Es braucht viel Zeit, die einzelnen Seiten abzusurfen, nur um dann festzustellen, dass sie für die Frage, die zu beantworten ist, wenig hergeben, oder die entscheidenden Informationen in einer Fülle anderer Informationen verborgen sind.
Daher bin ich schon vor einigen Jahren dazu übergegangen, meinen Schülern bzw. Kollegen nur noch kommentierte Linksammlungen im den Unterricht begleitenden Materialkoffer anzubieten. Ein Problem bestand dann darin, wo diese Linklisten ins Netz zu legen, damit die "Kunden" sie auch digital verwenden und von überallher abrufen können? Man kann sie natürlich in einem unterrichtsbegleitenden Blog ablegen.
Noch einfacher ist jedoch die Ablage in einem social bookmarking - System unter einem für den Kurs / für das Seminar bestimmten tag. Die Schüler bzw. Seminarteilnehmer brauchen dann nur noch die Adresse mit dem tag ihres Seminars aufzurufen und finden eine sich laufend ergänzende Sammlung kommentierter Links zum Thema des Seminars. Ein weiterer Vorteil nebenbei: Für die meisten Seminarteilnehmer ist diese Form der Ablage gleichzeitig die Erstbegegnung mit social bookmarking und insofern vielleicht auch eine Mission in Sachen Web 2.0-Medienkompetenz.

Ein Beispiel: Die Linksammlung meines
"Mahnmalprojekts II" im Juni diesen Jahres

Oder: Die Linksammlung für den Workshop
"Neues Lernen mit Medien: Lernen und Lehren mit Weblogs in der Schule"

Nachteil 1: Die Sammlung kann nicht systematisch geordnet werden, die Reihenfolge der Links entsteht durch die Reihenfolge der Einträge. Eine Sortierung nach Alphabet ist sinnlos.
Nachteil 2: Die Sammlung kann nur von mir ergänzt werden. Wünschenswert wäre aber die Ergänzung durch Teilnehmer. Also doch lieber auf einer Plattform (Blog, Educommsy, etc.), wo die Seite auch für Teilnehmer editierbar ist?
Nachteil 3: Die Anzahl der Zeichen, die für einen Kommentar verwendet werden können, ist begrenzt.

Wer hat Erfahrungen, wie oder wo diese Nachteile zu vermeiden sind?

Donnerstag, 28. August 2008

Altes Lernen mit Neuen Medien?

Wir leben in einer Übergangsgesellschaft. Die Wissensgesellschaft, in der die wichtigsten Veränderungsprozesse im Gefolge der Durchsetzung des Internets als Leitmedium stattgefunden haben, ist erst noch auf dem Weg ... Bis dahin gibt es noch viel Altes im Neuen. Um es genauer zu sagen: Das Alte hat seinen neuen Platz häufig noch nicht gefunden.

So muss man immer wieder feststellen, dass viele Ansätze, mit den Neuen Medien in der pädagogischen Praxis zu arbeiten, versuchen, die traditionelle Art des Lernens mit dem Focus auf die Seite des Lehrens (= Unterrichtskonzept) beizubehalten, indem sie diese einfach mit neuen Medien (verstanden bloß als Instrumente) statt mit den alten praktizieren. Immer noch sind elearning-Konzepte häufig instruktivistisch angelegt. Auch in Anwendungsvorschlägen für die Arbeit mit Blogs im Unterricht wird das neue Medium häufig im Wesentlichen bloß als neues Instrument gesehen, das ein altes ersetzt. (Das Problem, daß ein neues Leitmedium eine neue Lernkultur zugleich provoziert und erfordert, diese jedoch erst noch entwickelt werden muss, war übrigens zu Beginn der Buchgesellschaft genauso: Da wurden z.B. im Unterricht keine neuen Bücher mit neuen Inhalten gelesen, sondern es wurde erst der Katechismus vom Lehrer vorgesprochen, von den Schülern auswendig gelernt durch Nach- und Mitsprechen, und erst danach (!) durften die Schüler im Katechismus nachlesen, was sie schon auswendig kannten.) Analog mit einem Alt-Neu-Problem behaftet sehe ich solche Unterrichtsvorschläge wie z.B. Norbertos Umgang mit Weblogs im Unterricht.
Der Lehrer steuert weiterhin den Unterricht und sein Steuerungstool ist jetzt ein Blog statt einer Wandtafel.
Altes Lernen mit Neuen Medien!
Ich stelle mir unter der neuen Lernkultur etwas ganz anderes vor.
(Mehr dazu demnächst, wenn ich vom adz-netzwerkkongress zurück bin, wo ich auch einen Beitrag zum Thema "Neues Lernen mit Medien" zur Diskussion stellen darf.)

Jetzt möchte ich auf einen interessanten Fund hinweisen, der nicht zum ersten Mal klarmacht, dass in angelsächsischen Ländern schon weit mehr Erfahrungen mit Neuen Medien auf dem Weg in eine (neue) Lernkultur gemacht wurden. Wir sollten uns daher nicht auf die deutschsprachigen Erfahrungen beschränken!

Über 10.000 Mitglieder aus vielen Ländern hat das Netzwerk Classroom 2.0 Hier knüpfen Praktiker und Wissenschaftler, "interested in Web 2.0 and collaborative technologies in education", Kontakte, tauschen Erfahrungen und Material aus und diskutieren in verschiedenen Themengruppen. Neben der Globalität des Netzwerks finde ich besonders interessant, dass es nicht bloß um Unterrichtstechnologie geht (wie häufig bei uns in den Praxisrezepten!) - nämlich darum, wie man methodisch das neue Ding in den alten Unterricht hineinkriegt - , sondern dass hier auch auf lerntheoretischer und allgemein-didaktischer Ebene diskutiert wird. Es gibt beispielsweise eine Gruppe, die sich mit Deweys Ideen (und Erfahrungen) der demokratischen Schule und des Projektlernens beschäftigt. Natürlich in Bezug auf das neue Leitmedium und insbesondere in Bezug auf Web 2.0

Ich habe mich angemeldet und werde mich dort mal genauer umsehen!

Dienstag, 24. Juni 2008

Web 2.0 in die Schule - die Schule ins Web 2.o!

"Deutschland ist auch nach Auskunft der letzten PISA-Studie von 2006 immer noch das Land, in dem der Computer in der Schule am seltensten zum Einsatz kommt (Deutschland 31% im Vergleich zum OECD-Durchschnitt von 56%)." - "Das muss sich ändern". So steht es in der Selbstdarstellung des Exzellenzprojekts "Visionen leben, Wissen nutzen. Die besten Lehrkräfte für Deutschlands Schulen der Zukunft". Begleitet wird das Projekt von einem Blog Initiative D 21.
Zwar noch jung - erst in diesem Monat entstanden - gibt es trotzdem schon eine Menge dort zu holen für Lehrer, Referendare und Lehramtsstudenten, die ihren derzeitigen oder künftigen Arbeitsplatz in die Wissensgesellschaft hinein entwickeln wollen. Unter anderem z.B. den Ertrag aus einem Referendarsworkshop:
Ein informativer leitfaden-fur-die-einbindung-von-sozialen-netzwerken-in-den-unterricht enthält unter anderem auch den Entwurf für ein Curriculum zur Medienkompetenzentwicklung, in dem zu den bekannten Elementen des andernorts so genannten Computerführerscheins eben auch der Umgang mit Blogs und Wikis gelernt wird.
Bild: Ivan Montero / fotolia

shift.

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