Gerade erst habe ich die Rezension Welzers zu Littells Roman entdeckt - und: Wie schön für mich, ich werde den 1400-Seiten-Schinken doch ungelesen ins Archiv stellen dürfen. Denn Welzers Verriß scheint mir plausibel genug in seiner Begründung dafür, dieses Buch nicht für einen Meilenstein in der Holocaust-Belletristik zu halten.
kleine Auswahl:
"Littells Roman repräsentiert gerade in der erstaunlichen Spannung zwischen seiner durchaus fehlenden Qualität und dem Hype, den er ausgelöst hat, eine neue Eskalationsstufe der Nazi-Faszination, gerade in der Art, wie er historische Fakten, Gewaltpornografie und die Gediegenheit des Bildungsbürgers Aue zusammenrührt. Diese Mischung ergibt die pure Affirmation des Grauens, und interessant daran ist lediglich, dass Littell keinen Roman im klassischen Sinn vorlegt, sondern eine endlose Aufzählung von etwas, was er vermutlich für Fakten hält. So wie Daniel Goldhagen gut zehn Jahre zuvor der historischen Holocaustforschung eine Erzählung bescherte, die an vielen Stellen am filmischen Narrativ gebildet war, so liefert Littell nun umgekehrt einen Roman voller geschichtswissenschaftlicher Versatzstücke."
"Nichts, was in diesem Buch steht, bringt irgendetwas Neues, inhaltlich wie ästhetisch. Sein Bild vom Täter konserviert die von der Forschung mühevoll überwundene Figur des Abnormen, und wahrscheinlich deshalb muss Aue dem Führer am Ende noch in die Nase beißen."
Hier die vollständige Rezension Welzers: http://www.zeit.de/2008/08/L-Littell-Welzer?page=all
Nele Abels (Gast) - 10. Apr, 12:49
Kann ich nicht teilen
Meine Frau hat vor einigen Wochen das französische Original gelesen, wir haben sehr viel darüber gesprochen und ich kann nur sagen, dass ich den Tenor der deutschen Rezensionen nicht teilen kann. Vieles dessen, was als voyeuristisch, als gewaltexessiv kritisiert finde, habe ich in den Originalquellen der Zeit (z.B. vorranging Himmlers Geheimreden aber auch den Memoiren von Höss et al.) wiedergefunden - der Genozid hat auf verschiedensten diskursiven Ebenen stattgefunden, deren eine die pornographische ist. (Regulierungsversuche der SS-Führung, den Massenmord "anständig" zu gestalten!)
Littell und Welzer
kleine Auswahl:
"Littells Roman repräsentiert gerade in der erstaunlichen Spannung zwischen seiner durchaus fehlenden Qualität und dem Hype, den er ausgelöst hat, eine neue Eskalationsstufe der Nazi-Faszination, gerade in der Art, wie er historische Fakten, Gewaltpornografie und die Gediegenheit des Bildungsbürgers Aue zusammenrührt. Diese Mischung ergibt die pure Affirmation des Grauens, und interessant daran ist lediglich, dass Littell keinen Roman im klassischen Sinn vorlegt, sondern eine endlose Aufzählung von etwas, was er vermutlich für Fakten hält. So wie Daniel Goldhagen gut zehn Jahre zuvor der historischen Holocaustforschung eine Erzählung bescherte, die an vielen Stellen am filmischen Narrativ gebildet war, so liefert Littell nun umgekehrt einen Roman voller geschichtswissenschaftlicher Versatzstücke."
"Nichts, was in diesem Buch steht, bringt irgendetwas Neues, inhaltlich wie ästhetisch. Sein Bild vom Täter konserviert die von der Forschung mühevoll überwundene Figur des Abnormen, und wahrscheinlich deshalb muss Aue dem Führer am Ende noch in die Nase beißen."
Hier die vollständige Rezension Welzers:
http://www.zeit.de/2008/08/L-Littell-Welzer?page=all
Kann ich nicht teilen