corredor - 18. Nov, 19:32

Was für ein Eiertanz

Informativ und spannend zu lesen, ist dieser Experten-Bericht wirklich. Nirgendwo sonst werden die wichtigsten Strukturunterschiede und ihre Vorteile des finnischen gegenüber dem deutschen Bildungswesen so kurz und eindrücklich beschrieben. Man begreift sofort, warum die Finnen die Pisa-Sieger sind.
Aber gerade deshalb ist um so weniger nachvollziehbar, warum unsere Experten einen solchen Eiertanz aufführen, wenn es darum geht, aus ihren so plausiblen Erkenntnissen die nahe liegenden Schlußfolgerungen zu ziehen.
So bestätigen sie den Finnen einerseits „konstruktive Alternativen“ zu so zentralen Fragen wie „unsere Auffassung von ‚guter Schule’, von Lehrerausbildung und staatlicher Schulaufsicht“, folgern daraus aber nur äußerst zögerlich und rein formal, dass „deren Analyse Hinweise auch für unsere Entwicklung beinhalten kann“. Kann!
Einerseits räumen sie mutig ein, dass realistische Konsequenzen davon abhängen, dass „die Aspekte kritisch reflektiert werden, die bei uns als unumstößlich gelten, sei es aus haushaltspolitischen Erwägungen, institutionellen Interessen oder gar ideologischen Prämissen“, gehen dann aber jeder auch nur andeutungsweise kritischen Reflexion dieser Aspekte sorgfältig aus dem Wege.
Einerseits sehen sie sich in der Lage, „eine der wichtigsten Einsichten“ schnell zu formulieren, dass nämlich das finnische Bildungssystem bzw. System der Lehrerausbildung eng verknüpft sei „mit einem spezifischen finnischen Konsens über Grundfragen der Bildung und der Stellung der Schule in Staat und Gesellschaft“, ziehen sich dann aber geradezu schamlos aus der Affäre, wenn man angesichts der bei uns gerade erst vollzogenen Demontage auch noch der Grundlage für einen nationalen Konsens nach der Konsequenz dieser Einsicht für unser Land fragt: „Eine einfache Übernahme der Gesamtarchitektur des (Bildungs-)Systems ist schon deshalb nicht möglich, weil der angesprochene Konsens, das Fundament gleichermaßen, sich einer solchen Transaktion entzieht.“ Tja, so ist das also. Zwecklos, von den Finnen lernen zu wollen.
Aber vielleicht schämen sie sich ja doch wenigstens ein wenig, unsere „Experten“, schließlich rücken sie doch damit raus, was ihnen auf ihrer Reise „schmerzlich bewußt“ geworden ist: „dass wir da noch einen gewissen Nachholbedarf haben“.
Immerhin!

Lisa Rosa - 18. Nov, 22:42

Wer die Wahrheit aber kennt, und sagt sie nicht ...

Deine Kritik an den Reisebericht-Autoren, daß sie sehen und beschreiben, was aus Finnland zu lernen wäre, aber keine bildungspolitischen
Schlußfolgerungen und Forderungen daraus ableiten, kann ich gut
nachvollziehen. Die vornehme Zurückhaltung der Experten in Wissenschaft und Unterricht bezüglich der politischen Einmischung hat ja Tradition bei uns - es sei denn, man ist - wie in der Bertelsmann-Stiftung beispielsweise - direkt als Politikberater tätig.
Mir ist zu Ohren gekommen, daß der Reisebericht zwar an die Schulbehörde ging, die Autoren aber noch nicht einmal wissen, ob er überhaupt gelesen wurde, von einer Antwort ganz zu schweigen.
Bei denen, die wissen, daß die Abschaffung des gegliederten Schulwesens
überfällig ist, ist offenbar Resignation angesagt. In Hamburg hat die
Schulsenatorin gerade die Umstellung auf ein zweigliedriges Schulsystem
wie in Sachsen angekündigt. Und obwohl es natürlich an der Misere nicht
wirklich was ändert - denn die Selektion findet ja trotzdem nach der 4.
Klasse statt - wird das hier gewertet als ein Erfolg. Ich hörte die Einschätzung, die Senatorin müsse offenbar unter Druck stehen, wenn sie
plötzlich bereit ist, die Strukturdebatte in den Blick zu nehmen. Da siehst
Du, über welch klein gebackene Brötchen man sich hier schon freut ...
Von wem stammt eigentlich der gute Satz: "Wer die Wahrheit nicht kennt, ist bloß ein Dummkopf ..." ?

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