Mit Interesse habe ich die Ankündigung des Kongresses Treibhäuswer & Co. wahrgenommen. Auch die Gründung des Vereins kann sicherlich viel Positives für Schule in Deutschland bewirken. Dennoch frage ich mich, warum man angesichts Ihres ernst zu nehmenden Ansatzes in den Chor der "Lehrerhasser" einstimmt, wenn in der Kongressankündigung folgendes zu lesen ist:
"Kein Wunder, dass dann häufig die Lehrer mittags schneller in ihrem Golf sitzen als die Schüler auf dem Fahrrad."
Dies dient nicht gerade einer differenzierten Wahrnehmung der Probleme, die Schule heute prägen, sondern wird wohl eher in der "Tradition" des bösen Wortes eines ehemaligen norddeutschen Ministerpräsidenten wahrgenommen. Im Übrigen leistet einer bei Reinhard Kahl häufig zu beobachtenden idealisierenden Polarisierung Vorschub. Beipiel: "Treibhäuser der Zukunft". Hier werden wirklich ernst zu nehmende Ansätze von sich positiv verändernder Schule gezeigt. Aber hat man einmal nach den Arbeitsbedingungen etwa der hoch gelobten Max-Brauer-Gesamtschule in Hamburg gefragt? Hat man einmal ausgesprochen wie hoch die Fluktuation im Lehrerkollegium aus Gründen der Arbeitsüberlastung und Selbstausbeutung ist? Hat man einmal gefragt, wie viele Lehrer und Lehrerinnen bei reduzierter Stelle auf Wochenarbeitszeiten von 45 und mehr Stunden kommen, wo sie 30 bezahlt bekommen? Hier werden doch wohl die bildungsökonomischen Rahmenbedingungen ausgeblendet (mit dem Unterton: "...geht doch ...").
Vielen Dank für den Kommentar, der einen wichtigen Aspekt ergänzt!
Natürlich kostet Schulentwicklung. Das Klischee vom Lehrer, der vormittags Recht und nachmittags frei hat und zu faul zur Umorientierung ist, ist ja völlig verfehlt. Den zitierten Satz, "Kein Wunder, dass dann häufig die Lehrer mittags schneller in ihrem Golf sitzen als die Schüler auf dem Fahrrad", lese ich jedoch im Kontext etwas anders. Denn "kein Wunder", heißt ja, daß da etwas verständlich ist. Verständlich nämlich, daß im herrschenden Schulsytem auch die Lehrer keine Freude an ihrer Arbeit haben können. Dies ist auch der Ansatzpunkt für die meisten Kollegen, die sich auf den Weg einer Veränderung machen: Ihre eigene Unzufriedenheit mit ihrem Tätigkeitssystem bringt inzwischen viele Lehrer dazu, zu sagen: "Wenn schon überlastet, dann soll die Arbeit wenigstens Sinn machen." So jedenfalls ging es mir selbst. Schule, die weder den Schülern noch den Lehrern befriedigendes gemeinsames Lernen und Arbeiten ermöglicht - TROTZ der enormen Überlastung durch das Hamburger Lehrerarbeitszeitmodell - macht krank. Und selbstverständlich muß für die Veränderungsanstrengungen angemessener Ausgleich gefordert werden! Wenn die Schulbehörde oder das Ministerium "geht doch!" sagt, und damit meint, es gibt die Transformation umsonst, dann muß man ihr laut widersprechen! Wenn aber Schulerneuerer "geht doch!" sagen, dann meinen sie damit etwas anderes, nämlich: eine andere Schule ist nicht nur möglich, sondern auch einigenorts schon wirklich, also muß das alte System nicht weiter hingenommen werden.
In der aktuellen Hamburger Lehrerzeitung der GEW ist übrigens ein ausführliches Interview mit zwei Kolleginnen der "Neuen Max-Brauer-Schule" zu lesen - "Vom Traum zur Wirklichkeit". Hier wird deutlich, daß trotz aller Mehrarbeit über Jahre hinweg die Arbeitszufriedenheit höher ist, obwohl man sich selbst für bloß symbolischen Ausgleich dafür die Hacken ablaufen mußte.
Plädoyer für eine differenziertere Sichtweise
"Kein Wunder, dass dann häufig die Lehrer mittags schneller in ihrem Golf sitzen als die Schüler auf dem Fahrrad."
Dies dient nicht gerade einer differenzierten Wahrnehmung der Probleme, die Schule heute prägen, sondern wird wohl eher in der "Tradition" des bösen Wortes eines ehemaligen norddeutschen Ministerpräsidenten wahrgenommen. Im Übrigen leistet einer bei Reinhard Kahl häufig zu beobachtenden idealisierenden Polarisierung Vorschub. Beipiel: "Treibhäuser der Zukunft". Hier werden wirklich ernst zu nehmende Ansätze von sich positiv verändernder Schule gezeigt. Aber hat man einmal nach den Arbeitsbedingungen etwa der hoch gelobten Max-Brauer-Gesamtschule in Hamburg gefragt? Hat man einmal ausgesprochen wie hoch die Fluktuation im Lehrerkollegium aus Gründen der Arbeitsüberlastung und Selbstausbeutung ist? Hat man einmal gefragt, wie viele Lehrer und Lehrerinnen bei reduzierter Stelle auf Wochenarbeitszeiten von 45 und mehr Stunden kommen, wo sie 30 bezahlt bekommen? Hier werden doch wohl die bildungsökonomischen Rahmenbedingungen ausgeblendet (mit dem Unterton: "...geht doch ...").
Differenz
Natürlich kostet Schulentwicklung. Das Klischee vom Lehrer, der vormittags Recht und nachmittags frei hat und zu faul zur Umorientierung ist, ist ja völlig verfehlt. Den zitierten Satz, "Kein Wunder, dass dann häufig die Lehrer mittags schneller in ihrem Golf sitzen als die Schüler auf dem Fahrrad", lese ich jedoch im Kontext etwas anders. Denn "kein Wunder", heißt ja, daß da etwas verständlich ist. Verständlich nämlich, daß im herrschenden Schulsytem auch die Lehrer keine Freude an ihrer Arbeit haben können. Dies ist auch der Ansatzpunkt für die meisten Kollegen, die sich auf den Weg einer Veränderung machen: Ihre eigene Unzufriedenheit mit ihrem Tätigkeitssystem bringt inzwischen viele Lehrer dazu, zu sagen: "Wenn schon überlastet, dann soll die Arbeit wenigstens Sinn machen." So jedenfalls ging es mir selbst. Schule, die weder den Schülern noch den Lehrern befriedigendes gemeinsames Lernen und Arbeiten ermöglicht - TROTZ der enormen Überlastung durch das Hamburger Lehrerarbeitszeitmodell - macht krank. Und selbstverständlich muß für die Veränderungsanstrengungen angemessener Ausgleich gefordert werden! Wenn die Schulbehörde oder das Ministerium "geht doch!" sagt, und damit meint, es gibt die Transformation umsonst, dann muß man ihr laut widersprechen! Wenn aber Schulerneuerer "geht doch!" sagen, dann meinen sie damit etwas anderes, nämlich: eine andere Schule ist nicht nur möglich, sondern auch einigenorts schon wirklich, also muß das alte System nicht weiter hingenommen werden.
In der aktuellen Hamburger Lehrerzeitung der GEW ist übrigens ein ausführliches Interview mit zwei Kolleginnen der "Neuen Max-Brauer-Schule" zu lesen - "Vom Traum zur Wirklichkeit". Hier wird deutlich, daß trotz aller Mehrarbeit über Jahre hinweg die Arbeitszufriedenheit höher ist, obwohl man sich selbst für bloß symbolischen Ausgleich dafür die Hacken ablaufen mußte.