1000Sunny (Gast) - 24. Jun, 15:52

Montessori

Hallo Lisa,

diese Forderung hat ja schon damals Montessori gestellt (ich glaube sogar Tolstoi schon).
Die neueren Fälle, die ich kenne (Sabine Cserny wenn ich mich richtig erinnerte) ging auf Fortbildungen und setzte das alles auch um (die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind ja mittlerweile schon sehr weit und sehr praktisch erforscht (z.B. Woolfolk für eine Übersicht)). Allerdings entsprechen sie nicht politischer Ideologie. Ich sprach mal mit dem bildungspolitischen Clown hier in der CSU - der sagte: "Sprache lernen geht so: Vokabelliste + Grammatik = Fertig"
Sabine Cserny ist ja auch dann wegen zu guter Leistungen strafversetzt worden - die Kinder sollen schließlich nicht in der Schule lernen, sondern zu Hause. Die Schule ist nur für die Selektion und die Vermarktung der Selektionskriterien da. Ich habe irgendwo eine Liste von Leuten, die anfingen ernsthaft zu forschen und dann gefeuert wurden und teilweise an den Rand der Existenz gedrängt wurden (oder von selbst aufgaben). Ich glaube Lehrer sind nicht so dumm und lernfaul - sie spüren intuitiv, dass sie in einem System mit eigenen Zielen sind und sie eigentlich nur den schlimmsten Schaden von den Kindern abwehren können.
Oder sehe ich das zu negativ?

(Ich denke da besonders an die Erkenntnisse Muttersprache vor Landessprache - die wohl keine Chance auf Umsetzung hat)

Liebe Grüße
1000Sunny

Lisa Rosa - 25. Jun, 09:48

Lieber 1000Sunny. Ich habe nicht genau verstanden, was Du mit "Forderungen" bei Montessori (oder Tolstoi) meinst.
Montessori ist ein bewährtes Alternativkonzept zum herkömmlichen Unterricht. Wenn man es gelernt hat, kann man nach diesem Konzept an Schulen, die an diesem Konzept ausgerichtet sind, unterrichten.
Was ich meine, ist, dass die Lehrer nicht ein neues oder altbewährtes alternatives Konzept zum traditionellen Unterricht lernen müssen, wie sie mit ihren Schülern umzugehen haben. Denn dann können sie alle aktuell oder notorisch auftretenden Probleme immer nur nach diesem Modell lösen. Professionelle Lehreraus- oder -fortbildung müsste Lehrer stattdessen befähigen, eigenständig (das heißt nicht für sich allein!) Lösungen für ihre Praxisprobleme zu finden. Das heißt nicht, dass die Kenntnis von Montessori, Freinet und wie sie alle heißen, nicht sehr nützlich wäre. Aber solche Konzepte neigen dazu, sich dogmatisch abzuschließen. Sie sind außerdem historische Lösungen zu einer bestimmten Zeit. Montessori z.B. KANN (aus naheliegenden Gründen) gar keine Antwort auf unsere heutigen (historischen) pädagogischen Probleme (etwa mit der "Medienpädagogik") haben. Wir Lehrer brauchen also nicht Konzepte oder gar Rezepte, sondern wir brauchen eine Methodologie, wie wir selbst unsere Arbeit neu konzeptionieren können. So etwas können eben z.B. Altrichter & Posch oder Yrjö Engeströms Vorschläge bieten.

Ja, die meisten engagierten Lehrer spüren die extremen Widersprüche, unter denen sie in unserem Schulsystem arbeiten. Viele spüren es am eigenen Leib - im wahrsten Sinne des Wortes - und werden krank davon. Das Problem ist ja, dass man - siehe Czerny - nicht einfach individuell alles anders machen kann, als systemüblich ist. Frau Czerny hat ihren individuellen Ausweg aus den Widersprüchen gefunden: Sie wurde berühmt. Wahrscheinlich werden sich Alternativschulen um sie reißen oder sie gründet selbst eine Schule. Ich freue mich für sie. Aber diese Lösung ist keine für Alle. Auch kann man ja nicht den Lehrern einfach sagen: Macht es wie die Czerny, dann wird alles gut! Aber mit Lehrern daran zu arbeiten, ihre eigene Praxis (ihr Tätigkeitssystem) - und das ist eben nicht nur der Unterricht, sondern auch die Bedingungen, z.B. Systemregeln, unter denen er stattfindet! - zu beobachten, Spannungen, Widersprüche und Probleme zu identifizieren und mit den Kollegen im Praxisfeld (in professionellen Lerngemeinschaften) nach Lösungen zu suchen (anstatt einsam und alleine wie Czerny), das scheint mir der einzig sinnvolle Weg zu sein, sich vor Burnout zu schützen und die Freude an der Arbeit zu behalten oder wiederzugewinnen.
1000Sunny (Gast) - 25. Jun, 14:19

Montessori

Montessori stellte in ihrem Buch (also nicht in diesen Magerkurkonzepten nach denen heute Schulen gegründet werden, die ihren Namen benützen, weil sie ihr Spielzeug benützen) die Forderung, dass der Lehrer und der Unterricht eine aktive pädagogische Forschung wird. Sozusagen wird jede Schule zu einer pädagogischen Fakultät, die vor Ort forscht und ihre Erkenntnisse wieder unmittelbar in den Unterricht rückwirken lässt.
Engeströms werde ich mir aber mal zu Gemüte führen.

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