Sonntag, 21. August 2005

Auf Finnisch zum Finish

Klipp und klar sagt uns der ehemalige finnische Ministerpräsident Paavo Lipponen, warum die Finnen Pisa-Sieger sind, warum Finnland die niedrigste Arbeitslosenzahl und eine der höchsten wirtschaftlichen Zuwachsraten hat, und warum die Geburtenrate in Finnland eine der höchsten in der EU ist :
"Nach unserer Einschätzung beeinträchtigt ein mehrgliedriges Schulsystem mit früher Auslese die volkswirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit."
Ich schätze nicht nur die überall guten Ergebnisse der finnischen Politik, ich teile auch Lipponens Einschätzung der Ursachen.
Ich möchte eine Partei wählen, die finnische Bildungspolitik macht. Muß ich mich wohl um eine neue Staatsbürgerschaft bemühen.

Linker Antisemitismus, Antiamerikanismus und der Antiimperialismus der dummen Kerls

Ratlosigkeit angesichts "Bushismus" und "Sharonismus" einer- und dem islamistischen Terrorismus andererseits befällt ( zum Glück noch) manchen Linken hierzulande. Wie einfach war es für die Linke vor bald vierzig Jahren, sich im Vietnamkrieg auf der "richtigen" Seite zu positionieren: War doch der Vietcong nicht nur der Gegner des US-Imperialismus sondern stand gleichzeitig auch für eine progressive gesellschaftliche Umwälzung im eigenen Land. Von Letzterem kann jedoch weder in den palästinensischen Gebieten, noch im Irak oder im Iran die Rede sein. Ratlosigkeit ist schwer auszuhalten. Man möchte lieber "orientiert" sein. Aber es ist (auch) für einen Linken allemal redlicher, seine Ratlosigkeit zu bemerken, als sich vorschnell in Ideologien und politische Positionen zu stürzen, die ein klares Freund-Feind-Bild wiederherzustellen versprechen. Leider ist "die Linke" in der Regel noch zu gerne bereit, genau dafür die Dignität der Ratlosigkeit aufzugeben.
Wer sich aber seine Ratlosigkeit noch eingestehen kann, der findet eine bemerkenswerte Einschätzung bei Moishe Postone. In seinem kürzlich erschienenen Essayband "Deutschland, die Linke und der Holocaust" findet sich neben seinem grundlegenden älteren Aufsatz "Antisemitismus und Nationalsozialismus", in dem er die Ideologie des Antisemitismus analysiert, auch der Vortrag "Geschichte und Ohnmacht. Massenmobilisierung und aktuelle Formen des Antikapitalismus". Postone argumentiert hier überzeugend dafür, "die Ausbreitung des Antisemitismus und antisemitischer Formen des Islamismus als Ausbreitung einer fetischisierten antikapitalistischen Ideologie zu begreifen, die von Israel und der israelischen Politik ausgelöst wird, aber auch, auf einer wesentlich grundlegenderen Ebene, vom Niedergang der arabischen Welt im Zuge der tiefgreifenden strukturellen Veränderungen, die der Übergang vom Fordismus in den neoliberalen Kapitalismus mit sich bringt". Den Mainstream der linken Positionen hierzulande hält er für "eine populistische und zutiefst reaktionäre antihegemoniale Bewegung, die nicht zuletzt für jegliche Aussicht auf eine fortschrittliche Politik in der arabischen und muslimischen Welt eine Gefahr darstellt. Anstatt diese reaktionäre Form des Widerstands auf eine Weise zu analysieren, die fortschrittlicheren Formen des Widerstands Unterstützung bieten könnte, haben viele westliche Linke sie jedoch entweder ignoriert oder als zwar bedauerliche, doch verständliche Reaktion auf die israelische Politik im Gaza-Streifen und in der Westbank rationalisiert. Diese apologetische Einstellung weiter Teile der amerikanischen und europäischen Linken hängt eng mit der fetischistischen Identifikation der USA mit dem globalen Kapital zusammen. Diese Tendenz, das Abstrakte (die Herrschaft des Kapitals) als etwas Konkretes (amerikanische Hegemonie) zu fassen, ist (...) Ausdruck fundamentaler Hilflosigkeit auf begrifflicher wie politischer Ebene."
Postone diagnostiziert der Linken ein "verdinglichtes Denken und Empfinden", das von einer "Krise der Linken" zeugt, "die vielschichtige Gründe hat - die Erkenntnis, dass die industrielle Arbeiterklasse kein revolutionäres Subjekt ist oder sein wird, das Ende der staatszentrierten Ordnung, mit der der Staat nicht länger entscheidender Adressat gesellschaftlicher Veränderung ist, und der Übergang von einer internationalen in eine supranationale Weltordnung."
Interessant ist sein Ansatz zu einer Analyse der globalen Vorgänge auf politischer Ebene:
" Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert forderte eine wachsende Zahl von Nationalstaaten, vor allem Deutschland, die hegemoniale Rolle Großbritanniens und der liberalen Weltordnung heraus. Diese Rivalitäten, die in zwei Weltkriegen kulminierten, bezeichnete man damals als imperialistische Rivalitäten. Möglicherweise erleben wir heute die Anfänge einer Rückkehr zu einer Ära imperialistischer Rivalität auf einer neuen und erweiterten Stufe. Einer der entstehenden Spannungsherde ist das Verhältnis zwischen den atlantischen Mächten und einem um die französisch-deutsche Allianz gruppierten Europa. (...) Was immer man gegen die gegenwärtige amerikanische Administration einwenden mag - und es lassen sich bei einer ganzen Bandbreite von Fragen schwerwiegende Einwände gegen sie formulieren - , die Linke sollte äußerst vorsichtig sein, nicht unfreiwillig zum Strohmann eines rivalisierenden potenziellen Gegenhegemons zu werden."
Bild: Ivan Montero / fotolia

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