Hamburger Bildungsexperten in Finnland
Eine Reisegruppe hochkarätiger Bildungsexperten aus Hamburg besuchte im April diesen Jahres Jyväskylä, eine Stadt in Zentralfinnland, um das finnische Schulsystem und besonders die finnische Lehrerbildung kennenzulernen. Zu der sechsköpfigen Gruppe gehörten Professoren der erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Hamburger Universität ( Prof. Dr. Karl Dieter Schuck, Prof. Dr. Eva Arnold, Prof. Dr. Reiner Lehberger), der Finnougrist Prof. Dr. Holger Fischer sowie der Direktor des Instituts für Lehrerbildung und Schulentwicklung Hamburg, Peter Daschner und der Leiter der Reform der Lehrerbildung am LI, Oberschulrat Aart Pabst.
Der bisher unveröffentlichte Reisebericht (pdf, 939 KB) ist sehr informativ und spannend zu lesen, zeigt er doch die Unterschiede in der Bildungsstruktur sowie in Inhalt und Organisation der Lehrerausbildung zum hiesigen System, die entscheidend für den Erfolg des finnischen Bildungswesens sind. Prof. Schucks Fazit im Anhang des Reiseberichts:
"Im Ganzen folgt das finnische System meinem Eindruck nach viel mehr den individuellen Bedürfnissen nach sozialer Anerkennung, umfassender Unterstützung und gesellschaftlicher Teilhabe. In einem solchen System Schüler und Lehrer sein zu dürfen, halte ich schon für attraktiv, vor allem dann, wenn das Schulleben in der realen Schule tatsächlich alltäglich so gestaltet wird, wie es in einer Folie der Schulverwaltung von Jyväskylä heißt: 'Today we are growing together into the future'".
Das muß man sich als deutscher Lehrer oder Schüler mal auf der Zunge zergehen lassen: Es ist attraktiv, Lehrer zu sein - es ist attraktiv, Schüler zu sein. Traumhaft!
Der bisher unveröffentlichte Reisebericht (pdf, 939 KB) ist sehr informativ und spannend zu lesen, zeigt er doch die Unterschiede in der Bildungsstruktur sowie in Inhalt und Organisation der Lehrerausbildung zum hiesigen System, die entscheidend für den Erfolg des finnischen Bildungswesens sind. Prof. Schucks Fazit im Anhang des Reiseberichts:
"Im Ganzen folgt das finnische System meinem Eindruck nach viel mehr den individuellen Bedürfnissen nach sozialer Anerkennung, umfassender Unterstützung und gesellschaftlicher Teilhabe. In einem solchen System Schüler und Lehrer sein zu dürfen, halte ich schon für attraktiv, vor allem dann, wenn das Schulleben in der realen Schule tatsächlich alltäglich so gestaltet wird, wie es in einer Folie der Schulverwaltung von Jyväskylä heißt: 'Today we are growing together into the future'".
Das muß man sich als deutscher Lehrer oder Schüler mal auf der Zunge zergehen lassen: Es ist attraktiv, Lehrer zu sein - es ist attraktiv, Schüler zu sein. Traumhaft!
Lisa Rosa - 14. Nov, 20:06
Was für ein Eiertanz
Aber gerade deshalb ist um so weniger nachvollziehbar, warum unsere Experten einen solchen Eiertanz aufführen, wenn es darum geht, aus ihren so plausiblen Erkenntnissen die nahe liegenden Schlußfolgerungen zu ziehen.
So bestätigen sie den Finnen einerseits „konstruktive Alternativen“ zu so zentralen Fragen wie „unsere Auffassung von ‚guter Schule’, von Lehrerausbildung und staatlicher Schulaufsicht“, folgern daraus aber nur äußerst zögerlich und rein formal, dass „deren Analyse Hinweise auch für unsere Entwicklung beinhalten kann“. Kann!
Einerseits räumen sie mutig ein, dass realistische Konsequenzen davon abhängen, dass „die Aspekte kritisch reflektiert werden, die bei uns als unumstößlich gelten, sei es aus haushaltspolitischen Erwägungen, institutionellen Interessen oder gar ideologischen Prämissen“, gehen dann aber jeder auch nur andeutungsweise kritischen Reflexion dieser Aspekte sorgfältig aus dem Wege.
Einerseits sehen sie sich in der Lage, „eine der wichtigsten Einsichten“ schnell zu formulieren, dass nämlich das finnische Bildungssystem bzw. System der Lehrerausbildung eng verknüpft sei „mit einem spezifischen finnischen Konsens über Grundfragen der Bildung und der Stellung der Schule in Staat und Gesellschaft“, ziehen sich dann aber geradezu schamlos aus der Affäre, wenn man angesichts der bei uns gerade erst vollzogenen Demontage auch noch der Grundlage für einen nationalen Konsens nach der Konsequenz dieser Einsicht für unser Land fragt: „Eine einfache Übernahme der Gesamtarchitektur des (Bildungs-)Systems ist schon deshalb nicht möglich, weil der angesprochene Konsens, das Fundament gleichermaßen, sich einer solchen Transaktion entzieht.“ Tja, so ist das also. Zwecklos, von den Finnen lernen zu wollen.
Aber vielleicht schämen sie sich ja doch wenigstens ein wenig, unsere „Experten“, schließlich rücken sie doch damit raus, was ihnen auf ihrer Reise „schmerzlich bewußt“ geworden ist: „dass wir da noch einen gewissen Nachholbedarf haben“.
Immerhin!
Wer die Wahrheit aber kennt, und sagt sie nicht ...
Schlußfolgerungen und Forderungen daraus ableiten, kann ich gut
nachvollziehen. Die vornehme Zurückhaltung der Experten in Wissenschaft und Unterricht bezüglich der politischen Einmischung hat ja Tradition bei uns - es sei denn, man ist - wie in der Bertelsmann-Stiftung beispielsweise - direkt als Politikberater tätig.
Mir ist zu Ohren gekommen, daß der Reisebericht zwar an die Schulbehörde ging, die Autoren aber noch nicht einmal wissen, ob er überhaupt gelesen wurde, von einer Antwort ganz zu schweigen.
Bei denen, die wissen, daß die Abschaffung des gegliederten Schulwesens
überfällig ist, ist offenbar Resignation angesagt. In Hamburg hat die
Schulsenatorin gerade die Umstellung auf ein zweigliedriges Schulsystem
wie in Sachsen angekündigt. Und obwohl es natürlich an der Misere nicht
wirklich was ändert - denn die Selektion findet ja trotzdem nach der 4.
Klasse statt - wird das hier gewertet als ein Erfolg. Ich hörte die Einschätzung, die Senatorin müsse offenbar unter Druck stehen, wenn sie
plötzlich bereit ist, die Strukturdebatte in den Blick zu nehmen. Da siehst
Du, über welch klein gebackene Brötchen man sich hier schon freut ...
Von wem stammt eigentlich der gute Satz: "Wer die Wahrheit nicht kennt, ist bloß ein Dummkopf ..." ?