Schulhof-CD der NPD

Krass: Die NPD verteilt vor Brandenburger Schulen als Werbematerial für Erstwähler CDs mit Liedern der Neonazi-Szene. Die heutige TAZ berichtet über den Einsatz in Fürstenwalde: "Rechtsextreme erteilen Musikunterricht". Erschreckend ist die Hilflosigkeit, mit der die Schule auf diese Aktion reagiert: ""Natürlich finde ich das alles nicht gut", sagt (der Schulleiter) Schenk. "Aber verhindern können wir das nicht"". So die TAZ. Vor Monaten schon war die "Schulhof-CD" indiziert worden und sollte vom Verfassungsschutz beschlagnahmt werden, dann waren die zigtausend Exemplare aber plötzlich verschwunden gewesen. Nun taucht eine neue Version wieder auf, die "juristisch unangreifbar" ist - so das Urteil der Staatsanwaltschaft nach Auskunft der TAZ. Mit Verboten ist es offenbar nicht getan. Dringend nötig ist eine offensive Auseinandersetzung mit den Liedern im Schulunterricht. Dazu müssen die Lehrer unerschrocken und kompetent mit den Inhalten umgehen können. Alle, nicht nur Geschichts- und Politiklehrer. Also? CDs im Unterricht abspielen und diskutieren - aber gewußt, wie! Die meisten Lehrer trauen sich das nicht zu. Sie fühlen sich nicht kompetent in der Auseinandersetzung. Kein Wunder, die demokratischen Politiker sind ja auch oft hilflos darin, vermeiden die offensive inhaltliche Auseinandersetzung vor Ort und ersetzen sie lieber durch ritualisierte Abgrenzung und Allgemeinplätze in der Verurteilung. So braucht man sich nicht wundern, wenn Schüler keinen Grund sehen, die NPD schlimm zu finden. Wie sollen sie?

Aktualisierung (18.9.05):
Für die NPD- Schulhof-CD Nr. 1 mit dem Titel "Anpassung ist Feigheit - Lieder aus dem Untergrund" sind Indizierung und Beschlagnahme-Urteil aufgehoben worden. Das schreibt sich die NPD als Erfolg ihrer "legalistischen" Strategie auf die Fahne. Die CD Nr. 2 hat den Titel "Der Schrecken aller linken Spießer und Pauker!" Erstaunlich, daß die CD mit ihren Texten vor allem dadurch Schüler fasziniert, daß diese die "linke" antikapitalistische und antiamerikanische Rhetorik beerben und eben - nun ja: einen national(en)sozialismus propagieren. Die NSDAP hatte auch mal einen "linken" Flügel der Strasser-Brüder. Der argumentierte ganz genauso. Und wenn sogar Schüler von der Antifa dadurch irritiert werden und den Unterschied zwischen ihrer eigenen Amerika-Kritik und dem völkischen Antiamerikanismus der NPD nicht benennen können, dann hoffe ich, daß ihre Lehrer sich so intensiv damit beschäftigen, daß wenigstens sie ihn erklären können.
Für alle, die die CD haben oder sich beschaffen wollen, und für alle, die
sich damit auseinandersetzen wollen, gibt es zwei hilfreiche PDF aus dem Netz zu holen: 1. eine "Argumentationshilfe gegen die Schulhof-CD der NPD" (2) von der Arbeitsstelle Neonazismus der Fachhochschule Düsseldorf und 2. eine aktuelle Analyse "Neue Strategien und Praktiken des Rechtsextremismus" (d.h. der NPD) mit Überlegungen für die Konsequenzen in Schule und Unterricht vom Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung Hamburg . Dort am Ende der Seite ein Link zum PDF.
michael-kk- - 4. Sep, 19:05

Oder...

...offensiv das Gegenprodukt an den Schulen verteilen, da sollten auch die Künstler für die Kids die Attraktiveren sein:

http://www.gemeinsam-gegen-rechts.de/

Insgesamt bräuchte man aber vielleicht ein anderes Konzept der demokratischen Erziehung, das eher positiv ausgerichtet ist. Wenn ich mich recht an meine Schulzeit erinnere, die natürlich schon etwas her ist, besteht demokratische Schulerziehung vornehmlich darin, den Wert der Demokratie anhand der Unmenschlichkeit der deutschen Vergangenheit zu verdeutlichen, statt den Wert der Demokratie an sich (und auch ihre Schwächen) zu erklären. Wenn man Pech hat dadurch ergänzt, dass man das Grundgesetz auswendig lernen muß (womit sein Wert kaum erklärt wäre).

Und zum Thema "Mit Verboten ist es offenbar nicht getan."
Vielleicht ist es eher so, dass Verbote in diesem Bereich eher ein Anreiz sind. Aber das ist eine These, die man in Deutschland nur schwer vertreten kann, ohne in die Fänge der Tyrannei der Mehrheit zu gelangen.

Lisa Rosa - 4. Sep, 19:34

Verbote

Genau: Die Gegen-CD müssen dann aber die Falken und die Gewerschaftsjugend verteilen ...
Die Meinung, daß Verbote nichts taugen, ja nachgerade kontraproduktiv wirken, ist gar nicht so un-pc, wie Du denkst! Dazu habe ich mir gerade eine interessante Dipl.Arbeit als PDF schicken lassen zum Thema REx und NPD-Verbote - gut geschrieben, fundiert argumentiert und ziemlich aktuell: Von Angela Marquardt, ehemaliges PDS-Mitglied und -Abgeordnete und frischdiplomierte Pol.wiss. http://www.angela-marquardt.de
Zum selben Thema gibt es auch einen überzeugenden Artikel in den Blättern für deutsche und internationale Politik von Horst Meier "Die Freiheit der NPD" vom März diesen Jahres: http://www.blaetter-online.de/artikel.php?pr=1991
Eine positive Richtung der Demokratie-Erziehung wird in dem bundesweiten Schulentwicklungs-Modellprojekt "Demokratie lernen und leben" seit zwei Jahren erprobt. http://www.blk-demokratie.de/
TC Stahl - 5. Sep, 23:15

Von Bewertung und Witz

Ich bin nun kein Pädagoge, doch könnte ich mir Vorstellen, daß man mit Humor an die ganze Sache herangehen könnte. Wie oft grinst man, wenn Anhänger der NPD ihre Parolen in die Straßen rufen. Ist es nicht lächerlich, wenn jemand uniform in Bomberjacken durch die Gegend zieht? Die mächtigte Waffe ist ein Lachen. Aber wie gesagt, hier müssen Pädagogen ran.

Wenn es um den Kampf gegen Rechts geht, so runzelt sich mir die Stirn. Hier wird eine Meinungsrichtung verunglimpft, die durchaus legitim ist! Wenn ein Bürger dieses Landes etwas gegen Zuwanderung oder Ausländerghetoisierung ist, muß man das tolerieren.
Zum Unterschied zwischen Rechter Meinung und NPD habe ich vor einiger Zeit einen Artikel geschrieben: http://www.tiuz.de/viewtopic.php?t=36

Lisa Rosa - 5. Sep, 23:48

Nein,

ich muß ganz gewiß nicht grinsen oder lachen, wenn ich die NPD in Aktion sehe. Ich finde sie auch nicht lächerlich sondern gefährlich. Ich habe auch ganz und gar nichts übrig für völkische Erklärungen oder Träume. Und ich glaube auch ganz gewiß nicht an irgendeine "Bestimmung", die Deutschland oder "die Deutschen" hätten, wie Sie es tun.
TC Stahl - 6. Sep, 00:46

Hui, jetzt gehts ab...

>ich muß ganz gewiß nicht grinsen oder lachen, wenn ich die NPD in Aktion sehe. Ich finde sie auch nicht lächerlich sondern gefährlich.<

Daß Gleichschaltung und Meinungsintoleranz ungefährlich seien, hat hier niemand behauptet. (siehe auch oben verlinkten Artikel!)
Humor kann auch im Bezug auf Neonazis ein legitimes Gefühl sein. Daß ihn nicht alle haben oder verstehen, ist nur natürlich.

> Ich habe auch ganz und gar nichts übrig für völkische Erklärungen oder Träume. Und ich glaube auch ganz gewiß nicht an irgendeine "Bestimmung", die Deutschland oder "die Deutschen" hätten, ... <

Das hat Ihnen ja auch niemand angedichtet. Aber gut, daß Sie ihre Meinung kund tun :)
Was bitte verstehen Sie unter "völkische Erklärungen" und "...Träume"?

>...wie Sie es tun.<

?????
Ich glaube kaum, daß Sie wissen, welche Ansichten und Meinungen ich habe. Das trifft noch mehr zu, als daß Sie mir die Ansicht von "deutscher Bestimmung" andichten. Welche Bestimmung sollte ich denn erdenken?


PS: Ich gebe zu, Sie verwirren mich mit Ihrem Ausbruch!
Lisa Rosa - 6. Sep, 12:56

völkische Bestimmung

Damit auch andere Leser verstehen, wovon ich gesprochen habe, sei hier etwas ausführlicher aus der Website von H.C.Stahl
zitiert:

tiuz als Symbol
Titel und Domain dieser Webseite stehen für die Ursprünglichkeit von Volkssouveränität in der deutschen Geschichte. Eingebettet in Jahrtausende alter Tradition scheint es dem unabhängigen Betrachter, als sei eine demokratische Republik die Bestimmung der Deutschen - auch wenn diese seit Jahrhunderten sich nicht erfüllt.

Historische Bedeutung
Tiuz ist einer der ältetsten (germanisch-)deutschen mythischen Begriffe. Wahrscheinlich bedeutete er sowohl Volk als auch Göttlichkeit. Die Wurzeln liegen in der indogermanischen Sprachfamilie - was man auch an der Ähnlichkeit zum lateinischen Deus oder griechischen Zeus erkennt. Im frühen Mittelalter ging aus tiuz das althochdeutsche diutisc hervor, welches wiederum Ursprung der Bezeichnung deutsch ist.
Aus der Göttlichkeit "Tiuz" entstand letztendlich der germanische Gerechtigkeitsgott, auch unter Tiu, Zio, Tyr oder Tiwaz bekannt. Als Gott des Things - der germanischen Volksversammlung - ist er ebenso als Bewahrer der "Demokratie" zu sehen. Hier treten schon in der Sprache die engen Beziehungen zwischen Volk und Demokratie zu Tage.


Wenn ich meinen Augen trauen darf, wird hier einiges zur "Bestimmung der Deutschen" gesagt. Oder meint Herr Stahl nicht, was er schreibt?
Den Deutschen nun auch noch im mythischen Germanentum einen besonderen uralten Hang zur Demokratie anzufantasieren, das ist nicht nur historischer Kokolores sondern auch - was denn sonst? - völkisches Denken. Daß sich die "Bestimmung der Deutschen" zu einer "demokratischen Republik" bisher angeblich nicht erfüllt hat, liegt wohl wieder - na? - natürlich an den ANDEREN. (An den Deutschen kanns ja nicht liegen, denn sie tragen die Bestimmung ja in ihrem Deutschsein in sich verbunden mit ihrer Göttlichkeit ...). Zum Begriff des Völkischen tut ab und zu Nachhilfe gut.

TC Stahl - 6. Sep, 14:50

Nicht besser als NPD & Co.

1. Es heißt T.C. Stahl ! Wo Sie das H hernehmen, ist mir schleierhaft.

2. Ich leite aus der deutschen Vergangenheit eine Bestimmung zur Demokratie her. Im Gegensatz zum nationalsozialistischen Führerbild, welches angeblich ebenfalls in der deutschen Vergangenheit begründet liegen soll.
Daß Sie meine(!) Bestimmungsansage kritisieren, sagt einiges über Ihr Weltbild und Verhältnis zur Demokratie aus.

3. Daß die Germanen (welche im übrigen existierten, und nicht nur der Mystik entspringen) in Volksversammlungen "Gesetzgebend" (natürlich nicht in schriftlicher Form) und rechtsprechend tätig waren, ist durch Quellen belegt (siehe Tacitus u.a.) und allgemein anerkannt. Inwieweit man den Germanen Demokratie zugestehen kann, können Sie in der Einleitung des Schriftwerkes Liberalismus und Republikanismus lesen ( http://www.tiuz.de/viewtopic.php?t=22 ).
Bevor Sie jemandem "historischen Kokolores" vorwerfen, sollten Sie sich mit Geschichte erst einmal auseinander setzen. Die Ausführungen zur Wortgeschichte und -bedeutung können Sie in jedem sprachwissenschaftlichen Lexikon und anderen Enzyklopädien (z.B. Brockhaus) nachvollziehen.

4. Woher Sie die Information, die anderen seien Schuld an mangelhafter Demokratie, nehmen, kann ich nicht nachvollziehen. Das steht nirgendwo auf meiner Webseite und wird genausowenig angedeutet.
Daß in Deutschland derzeit keine Republikanische Demokratie herrscht, erschließt sich aus der Bedeutung von "Republik". Dazu empfehle ich Ihnen die Werke von Rosseau, Kant, Habermas und vielen anderen Philosophen. Aber bitte lesen Sie diese zunächst vollständig! Womit wir zu Punkt 5 kommen.

5. Sie bewerten mich(!) auf Grund weniger, zudem aus dem Zusammenhang gerissener, Zeilen Text. Ebendieser Methode bedienen sich die heutigen Neonazis und Reichsverehrer (siehe dazu z.B. hier: http://www.tiuz.de/viewtopic.php?t=14 ).
Ich bin als Demokrat entsetzt über Sie! Demokratisch ist für Sie allein Ihre Meinung. Andere Ansichten und Ideen werden mit brachialer lingualer Gewalt in den faschistischen Bereich gestoßen. Dabei sind es gerade Sie, die hier totalitär, intolerant und willkürlich über andere urteilt.


Zur Erklärung und für Sie, Frau Rosa, mit einfachen Worten:
tiuz.de beschäftigt sich mit dem Thema Republik & Demokratie. Dabei nehmen wir die eigentliche und unverstümmelte Bedeutung beider Begriffe als Grundlage unserer Arbeit. Daß "Volk" in beidem eine wichtige Rolle spielt, dürfte selbst Ihnen bekannt sein.

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Bild: Ivan Montero / fotolia

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