Kinder zu dumm zum Wählen?
Da man mich im Küchenkabinett hartnäckig kommentarlos läßt, dh. meine Kommentare nicht freischaltet, muß ich - bevor ich am Ende noch eine Küchenkabinett-Paranoia entwickle - ins eigene Blog zum Thema Kinderwahlrecht. (Na gut, von Küche verstehe ich nichts, dafür aber einiges von Kindern und manches von Politik.)
In der Küche jedenfalls wurde heftig debattiert über den "Kinderwahlrecht" genannten Vorschlag von Paul Kirchhof, Familien dadurch zu fördern, daß sie je nach Anzahl der Kinder mehrere Wahlstimmen bekämen. Das ganze dann Kinderwahlrecht zu nennen, ist absurd, wenn man sich die Diskussionsbeiträge in der Küche dazu anschaut: Erwachsene überlegen da, welchem der Erwachsenen in der Familie - Vater, Mutter, Tante - diese Stimmen zustünden. Ja herrgottsack, geht mir da der Draht aus der Mütze! Würde man Frauenwahlrecht so verstehen, daß die Ehemänner der Frauen dann zwei Stimmen hätten? Neinneinnein! Das ist nicht etwas ganz anderes! Denn in der historischen Diskussion ums Frauenwahlrecht kamen tatsächlich genau die analogen Vorstellungen der üblichen Kommentare zum Kinderwahlrecht heute: Frauen seien zu dumm, um zu wählen. Die Selbstverständlichkeit, mit der allgemeine Einigkeit darin vorausgesetzt wird, Kinder seien zu dumm zum Wählen, zu hinterfragen, erntet noch überall Unverständnis. Und statt aus der richtigen Überlegung, es gäbe leider auch viele dumme Erwachsene, die Schlußfolgerung zu ziehen, daß "Klugheit", verdeckt unter dem Begriff "Mündigkeit" also kein Kriterium für das Wahlrecht sein kann, wird doch auch noch tatsächlich vorgeschlagen, eine "Mündigkeitsprüfung" für Familien einzuführen, damit man diejenigen von ihrem letztverbliebenen Recht, formale Demokratie auszuüben, auch noch ausschließen könnte, die als gesellschaftlich Exkludierte nicht die Gewähr dafür bieten, die "richtigen" Parteien zu wählen. Ohoh! Wenn jemand ausgeschlossen gehörte, dann wohl diese Vorschläger, jedenfalls solange sie nicht einen Nachhilfekurs in Demokratieverständnis absolviert haben.
Daß Kinder sehr wohl in der Lage sind, ihre Interessen zu formulieren und zu prüfen, wer diese am besten vertreten könnte, ja, daß sie sogar in der Lage sind, selbst aktiv Politik zu machen, zeigt das Beispiel Craig Kielburgers, der mit 12 Jahren die Organisation Free The Cildren gründete, die sich überall auf der Welt um die Kinderrechte und den Schutz von Kindern gegen Ausbeutung und Übergriffe durch Erwachsene kümmert. Ganz berühmte Geschichte. Wer kennt einen Erwachsenen in seiner privaten Umgebung, der ein derart hohes Maß an politischer Mündigkeit vorzuweisen hätte? Nun wird man natürlich einwenden, ein Craig Kielburger sei nunmal eine Ausnahme, ebenso wie ein 12-jähriger als Mathegenie-Doktorand eine Ausnahme darstelle. Schon richtig. Aber niemand würde deshalb behaupten, Kinder könnten keine Mathematik, weil sie Kinder sind. Von Mathematik-Mündigkeit habe ich jedenfalls noch nirgendwo gehört. Warum soll es mit Politik denn anders sein? Übrigens hat Craig Kielburger - obwohl Initiator - nicht allein Politik gemacht. Die vielen Kinder, mit denen er in seinem Team zusammengearbeitet hat: auch Ausnahmen? Free The Children, eine internationale Organsisation mit Gruppen in der ganzen Welt und tausenden von Mitgliedern, wird ausschließlich von Kindern betrieben. Man sieht: Zu untersuchen wäre, warum nicht alle Kinder so politikklug sind wie Craig - oder man könnte untersuchen, warum es so viele dumme Erwachsene gibt, obwohl sie wahlmündig sind.
Ich stelle mir ein Kinderwahlrecht vor: Die Politiker müßten die Kinder genauso ernst nehmen wie sie es bei den Erwachsenen tun: Als bedeutsamen Teil der Bevölkerung, auf deren Entscheidungen man Rücksicht zu nehmen hätte und die man zufrieden stellen müßte. Die Spielzeugindustrie jedenfalls hat keine Probleme damit. Sie hat die Kinder schon seit langem als ernst zu nehmende Konsumenten entdeckt und umwirbt sie von vorne bis hinten. Was tun denn die Politiker anderes mit ihrer Wahlwerbung um die Erwachsenen?
In der Küche jedenfalls wurde heftig debattiert über den "Kinderwahlrecht" genannten Vorschlag von Paul Kirchhof, Familien dadurch zu fördern, daß sie je nach Anzahl der Kinder mehrere Wahlstimmen bekämen. Das ganze dann Kinderwahlrecht zu nennen, ist absurd, wenn man sich die Diskussionsbeiträge in der Küche dazu anschaut: Erwachsene überlegen da, welchem der Erwachsenen in der Familie - Vater, Mutter, Tante - diese Stimmen zustünden. Ja herrgottsack, geht mir da der Draht aus der Mütze! Würde man Frauenwahlrecht so verstehen, daß die Ehemänner der Frauen dann zwei Stimmen hätten? Neinneinnein! Das ist nicht etwas ganz anderes! Denn in der historischen Diskussion ums Frauenwahlrecht kamen tatsächlich genau die analogen Vorstellungen der üblichen Kommentare zum Kinderwahlrecht heute: Frauen seien zu dumm, um zu wählen. Die Selbstverständlichkeit, mit der allgemeine Einigkeit darin vorausgesetzt wird, Kinder seien zu dumm zum Wählen, zu hinterfragen, erntet noch überall Unverständnis. Und statt aus der richtigen Überlegung, es gäbe leider auch viele dumme Erwachsene, die Schlußfolgerung zu ziehen, daß "Klugheit", verdeckt unter dem Begriff "Mündigkeit" also kein Kriterium für das Wahlrecht sein kann, wird doch auch noch tatsächlich vorgeschlagen, eine "Mündigkeitsprüfung" für Familien einzuführen, damit man diejenigen von ihrem letztverbliebenen Recht, formale Demokratie auszuüben, auch noch ausschließen könnte, die als gesellschaftlich Exkludierte nicht die Gewähr dafür bieten, die "richtigen" Parteien zu wählen. Ohoh! Wenn jemand ausgeschlossen gehörte, dann wohl diese Vorschläger, jedenfalls solange sie nicht einen Nachhilfekurs in Demokratieverständnis absolviert haben.
Daß Kinder sehr wohl in der Lage sind, ihre Interessen zu formulieren und zu prüfen, wer diese am besten vertreten könnte, ja, daß sie sogar in der Lage sind, selbst aktiv Politik zu machen, zeigt das Beispiel Craig Kielburgers, der mit 12 Jahren die Organisation Free The Cildren gründete, die sich überall auf der Welt um die Kinderrechte und den Schutz von Kindern gegen Ausbeutung und Übergriffe durch Erwachsene kümmert. Ganz berühmte Geschichte. Wer kennt einen Erwachsenen in seiner privaten Umgebung, der ein derart hohes Maß an politischer Mündigkeit vorzuweisen hätte? Nun wird man natürlich einwenden, ein Craig Kielburger sei nunmal eine Ausnahme, ebenso wie ein 12-jähriger als Mathegenie-Doktorand eine Ausnahme darstelle. Schon richtig. Aber niemand würde deshalb behaupten, Kinder könnten keine Mathematik, weil sie Kinder sind. Von Mathematik-Mündigkeit habe ich jedenfalls noch nirgendwo gehört. Warum soll es mit Politik denn anders sein? Übrigens hat Craig Kielburger - obwohl Initiator - nicht allein Politik gemacht. Die vielen Kinder, mit denen er in seinem Team zusammengearbeitet hat: auch Ausnahmen? Free The Children, eine internationale Organsisation mit Gruppen in der ganzen Welt und tausenden von Mitgliedern, wird ausschließlich von Kindern betrieben. Man sieht: Zu untersuchen wäre, warum nicht alle Kinder so politikklug sind wie Craig - oder man könnte untersuchen, warum es so viele dumme Erwachsene gibt, obwohl sie wahlmündig sind.
Ich stelle mir ein Kinderwahlrecht vor: Die Politiker müßten die Kinder genauso ernst nehmen wie sie es bei den Erwachsenen tun: Als bedeutsamen Teil der Bevölkerung, auf deren Entscheidungen man Rücksicht zu nehmen hätte und die man zufrieden stellen müßte. Die Spielzeugindustrie jedenfalls hat keine Probleme damit. Sie hat die Kinder schon seit langem als ernst zu nehmende Konsumenten entdeckt und umwirbt sie von vorne bis hinten. Was tun denn die Politiker anderes mit ihrer Wahlwerbung um die Erwachsenen?
Lisa Rosa - 27. Aug, 14:54
Peinlich
Und wer immer noch meint, dies sei ein nicht verallgemeinerbarer Einzelfall, kann sich bei den weiteren zahlreichen internationalen Kinderorganisationen kundig machen wie z.B.: YouthSpeak, Power to the Youth, National Youth Rights Organisation, Association for Children’s Suffrage (ACS), Americans for a Society free of Age Restrictions (ASFAR), Canadian Youth Rights Association (CYRA), NATRAS (Nicaragua), Kids Liberation Front (Italien), Kinderlobby (Schweiz), - um nur einige zu nennen, die im Kampf für das Wahlrecht für Kinder besonders aktiv sind.
Aber eigentlich ist es schon peinlich, dass diese Diskussion so tut, als sei Paul Kirchhof der Erfinder des Themas Wahlrecht für Kinder. Ganz offensichtlich wissen die Diskussionsteilnehmer nicht, dass die deutsche Kinderrechtsorganisation KRAETZAE bereits am 18. 11. 1999 eine diesbezügliche Verfassungsbeschwerde an das Bundesverfassungsgericht eingereicht hat, der das Deutsche Kinderhilfswerk offiziell beigetreten ist und die von zahlreichen maßgeblichen Persönlichkeiten – unter anderem Horst Eberhard Richter, der bekannte Bielefelder Soziologe Klaus Hurrelmann und der auch international renommierte Kindersoziologe Manfred Liebel aus Berlin - unterstützt wird. Unter www.kraetzae.de kann man alle Gutachten und Stellungnahmen zum Verfahren nachlesen, darunter auch den Briefwechsel mit der Bundestagspräsidentin Antje Vollmer und vor allem den Beschluß des Bundestages vom 27. 5. 2004, die Petition der KRAETZAE den Fraktionen zur Kenntnis zu geben.
Und wer es dann noch genauer wissen möchte, der sei verwiesen auf das Buch der KRAETZAE: Mike Weimann, Wahlrecht für Kinder. Eine Streitschrift. Beltz Weinheim 2002. Alle Begründungen, die man auch auf der Website der KRAETZAE schon in Kurz- und Langfassung findet, sowie eine ausführliche Zusammenstellung von „frequently asked questions“, die alle naiven und begründeten Fragen enthält, die in dieser Diskussion wieder auftauchen, als wenn sie noch nie gestellt und gründlich beantwortet worden wären, sind hier im umfassenden Kontext behandelt. Von Kindern und Jugendlichen!
Ich meine, dass jeder Erwachsene, der glaubt, sich zu einem so brisanten politischen Problem unserer Zeit äußern zu können, aber solche Informationen nicht einmal zur Kenntnis nimmt, vor diesen Kindern - wenigstens - das moralische Recht verliert, über ihre politische Mündigkeit zu urteilen.
Roller und Süßspeisen
"Demokratie werde "ad absurdum" geführt, wenn alle wählen dürften. Das Wahlrecht ohne Altersgrenze sei "nicht richtig". Kinder interessierten sich entsprechend ihres Alters eher für Roller und Süßspeisen, meint Ströbele", in einem Gespräch mit Christoph Stein in http://www.ich-will-waehlen.de/index.php?kat=Texte&titel=Str%F6bele%3A+Kinderwahlrecht+w%E4re+absurd!
Ja, es ist wohl wie mit dem Fernsehen: Die Zuschauer kriegen den Quatsch vorgesetzt, weil sie ihn wollen? Oder wollen sie den Quatsch, weil sie ihn laufend vorgesetzt bekommen? Gebt dem Ströbele mal nichts weiter als Roller und Süßspeisen - dann wird er auch nur noch rollern und schlecken wollen...